Aus der Perspektive der Kinder erzählt Salvatores, die Kamera auf deren Augenhöhe: Anfangs wird hier, irgendwo in Apulien, wo es noch nicht einmal dörfliche Strukturen gibt, ein unbeschwertes Aufwachsen geschildert. Der Tonfall ändert sich, als Michele nahe einer Baracke ein Loch entdeckt, in dem ein verwahrlostes Kind, ein Kaspar Hauser hockt, scheinbar kaum des Sprechens fähig.
Ich habe keine Angst - der Filmtitel gibt das Drama vor: Michele überwindet sich, gibt dem befremdlichen Wesen zu trinken, nähert sich ihm an. Salvatores inszeniert die Begegnungen mit Ambivalenz, sodass man zunächst nie ganz sicher ist, wie viel sich hier der Einbildung verdankt - zu irreal scheint das Setting an diesem bukolischen Ort, der in schwebenden Fahrten zur Augenweide wird.
Die Auflösung des Falls ist jedoch ziemlich profan. Micheles Eltern und noch ein paar Nachbarn haben das Kind entführt, um Lösegeld zu erpressen. Mit dieser Wende gerät auch der Film immer mehr aus dem Gleichgewicht. Was als Initiationsdrama begonnen hat, das den Übertritt ins Erwachsenwerden beschwören soll, wird zum Kriminalfilm, in dem mit massivem Einsatz dramatischer Mittel dramaturgische Schwächen überspielt werden.