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Mostar/Wien - Symbole. In Mostar hat die internationale Gemeinschaft am Freitag den Wiederaufbau der Stari Most, der alten Brücke, zwischen dem kroatischen und muslimisch-bosniakischen Teil der Stadt gefeiert. Orchester spielten, es gab Paraden, Reden, ein Feuerwerk. Staatschefs, Außenminister und 50 Delegationen kamen in die Herzegowina - die Gästeliste reichte von Prinz Charles bis zu Nationalratspräsident Andreas Khol.

Groß war die Furcht vor Anschlägen und Ausschreitungen. 232 "potenzielle Unruhestifter" wurden registriert, 3000 Polizisten und Sfor-Soldaten überwachten die Veranstaltungen an der Brücke, die nun erneut verbindet, was offenbar - noch - nicht wieder zusammengehören will.

"Wir haben in den neun Jahren seit Kriegsende viel erreicht", erklärt der internationale Bosnien-Beauftragte, der Brite Paddy Ashdown. Man hofft auf Touristen, die Geld in die Stadt bringen. "Wenn Arbeit da ist, dann hört der Wille zum Krieg auf", sagt der Deutsche Hans Koschnick, einer der Vorgänger Ashdowns, der als ehemaliger EU-Verwalter Mostars mehrere Angriffe auf sein Leben überstand.

Die 28-jährige Daniela dagegen ist überzeugt, dass sich in der Stadt so schnell nichts ändern wird. "Auch wenn sie 100 Brücken bauen: Jede Familie hier hat ihre Tragödie erlebt. Ich glaube nicht an Versöhnung." Unlängst bezeichnete auch Erhard Busek, der Balkan-Stabilitätspaktkoordinator, den Versöhnungsprozess als "nicht zufrieden stellend" und verlangte eine Änderung "intoleranter" Geschichtsbücher.

Im Bürgerkrieg hatten Kroaten und Muslime gemeinsam ihre serbischen Nachbarn aus der Stadt geworfen. Dann standen sie einander an den Ufern der Neretva gegenüber. Am 9. November 1993 ließ der kroatische General Slobodan Praljak seine Panzer auf die Brücke feuern. Nach wenigen Salven fiel das Bauwerk, das der osmanische Architekt Mimar Hajrudin 400 Jahre zuvor errichtet hatte, in den Fluss. Aus Mostar waren endgültig zwei Städte - der Westen kroatisch, der Osten muslimisch - geworden. Dagegen konnte die UNO zunächst nur mit Zeichen vorgehen: Unter der Ägide von Unesco und Weltbank ging es an den Wiederaufbau der Stari Most. Exakt 1088 Kalksteine hatte Hajrudin für sein Bauwerk verwendet, sie wurden wieder aus jenem Steinbruch geholt, aus dem sie schon im 16. Jahrhundert kamen. 15 Millionen Dollar (rund 12,3 Millionen Euro) kostete der Wiederaufbau des 30 Meter langen und 20 Meter hohen Steinbogens.

"Vernünftigste Idee"

Vor kurzem hat Ashdown in Auftrag gegeben, die doppelten, ethnischen Verwaltungen Mostars zu vereinen. Damit und mit der wiederaufgebauten Brücke würde die "psychologische Barriere" zwischen Kroaten und Muslimen langsam fallen, hofft Miroslav Rasic, Chefredakteur der Tageszeitung Dnevni List, aus dem kroatischen Teil Mostars. Und Veselin Galato von der Künstlergruppe "Urban- Movement Mostar" sagt: "Das war die vernünftigste Idee nach dem Krieg. Zum ersten Mal ist Mostar für etwas berühmt, was nicht mit Töten und Konzentrationslagern zu tun hat."

General Praljak hat sich vor wenigen Monaten dem Haager Kriegsverbrechertribunal gestellt. Mehr als Symbole. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25. 7. 2004)