Der Wiental-Kanal wird um einen Entlastungskanal erweitert. Damit soll der Abtransport von Abwässern verbessert und ein Speicher für Regenwasser geschaffen werden. Jetzt wurde zum Graben des Kanals die tausend Tonnen schwere Maschine in Stellung gebracht.
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Wien - Das Ding nennt sich "Erdruck-Schildmaschine", ist tausend Tonnen schwer und unglaubliche 126 Meter lang. Die Maschine wurde bereits in einem Schacht unterhalb des Stadtparks in Stellung gebracht, um unterirdisch einen Entlastungskanal bis zur Pilgramgasse zu bohren.

Allein die Drehbohrscheibe, die sich, vorne an der Maschine angebracht, durch die Wiener Erde fressen wird, wiegt 50 Tonnen. An dieser Scheibe, die gestern Donnerstag als letzter noch fehlender Teil an die Schildmaschine angepasst wurde, sitzen vorne scharfe Schälmesser, die das Erdreich abschaben. Die Erde wiederum wird gleich in der Maschine aufgefangen, zu einer Art Brei vermanscht und nach hinten quasi zum Ausgang befördert. Dort warten LKW für den Abtransport.

"Pro Tag schafft die Maschine 20 Meter Kanal zu bohren, sie verbraucht dafür die Kraft von 2700 Pferdestärken", erklärt Robert Nowak, Leiter beim Wiener Kanalbau.

Dort wo sich die Maschine wie ein Riesenwurm durch die Erde gefressen hat, wird anschließend sofort der Tunnel mit Stahlbeton ausgekleidet. Nowak sagt, dass die Erdruck-Schildmaschine extra für den Einsatz in Wien konstruiert wurde.

Wassergüte

Umweltstadträtin Ulli Sima (SP) hofft, dass mit dem neuen Kanal die Wassergüte im Wienfluss verbessert werden kann. Denn ein Überlaufen des Kanals bei Regen und eine daraus resultierende Verschmutzung des Wienflusses seien dann nicht mehr möglich. Man könne künftig das Abwasser "portionsweise" in Richtung Kläranlage Simmering transportieren, sagt Sima. Gleichzeitig, preisen Sima und Nowak den zweiten Vorteil des 80-Millionen-Euro-Projekts, stünde mit dem Kanal ein unterirdischer Speicher für Regenwasser zur Verfügung.

Drittens werden mit diesem Kanalbau die bereits bestehenden und seit 180 Jahren in Betrieb befindlichen Sammelkanäle entlastet.

Schutzprogramm

Bis Ende 2005 wird nun im 24-Stunden-Betrieb an dem Kanal gearbeitet. Ist dieser Bauabschnitt zwischen Stadtpark und Pilgramgasse fertig, folgen die nächsten Baulose. Insgesamt ist das Gewässerschutzprojekt bis 2015 angelegt und wird in Summe 550 Millionen Euro kosten.

Weitere Teilprojekte sind der Ausbau der Kläranlage in Simmering und die Renaturierung des Liesingbaches. In den 50er- und 60er-Jahren war der Bach stellenweise in ein Betonkorsett gepresst worden, um die Hochwassergefahr zu bannen. Das betonierte Bett verhindert aber die Selbstreinigung des Gewässers. Nach der Sanierung, schätzen Ökologen, könnten künftig wieder 37 verschieden Fischsorten heimisch werden. (Andrea Waldbrunner, DER STANDARD Printausgabe 23.7.2004)