London/Paris - Der Sudan gerät wegen der Krise in Darfur immer stärker unter Druck, macht aber noch keine Anstalten, sich zu beugen. Der britische Premierminister Tony Blair sagte am Donnerstag vor Journalisten in London, sein Land sei moralisch verantwortlich, im Sudan aktiv zu werden. Auf die Frage nach einer möglichen Militär-Intervention entgegnete Blair: "Wir können nichts ausschließen, aber so weit sind wir noch nicht." Seine Regierung arbeite eng mit der EU und der Afrikanischen Union an der Lösung der Krise, auch wolle Blair mit UNO-Generalsekretär Kofi Annan sprechen.

US-Außenminister Colin Powell schrieb in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Rundschau" (Donnerstagausgabe), es habe noch keine dramatische Veränderung der Lage gegeben. Nur Taten, nicht Worte, könnten im Wettlauf mit dem Tod gewinnen. "Wir werden weiterhin Druck ausüben", schrieb Powell.

Außenminister: Situation erinnert an Irak

Darauf entgegnete der sudanesische Außenminister Mustafa Osman Ismail am Donnerstag in Paris: "Der wachsende Druck ist der gleiche, den die USA und Großbritannien schon gegen Irak aufbauten." Falls Blair Truppen nach Darfur schicke, werde der Sudan sich zurück ziehen und Großbritannien die Sicherheitsfrage überlassen. Bald würden die Menschen britische Truppen als Besatzer betrachten. Eine von den USA angestrebte UN-Resolution für Sanktionen verkompliziere die Angelegenheit nur. Sudan habe schon 100 Janjawid-Milizionäre festgenommen und bereite Verfahren gegen sie vor.

Fischer für Einflussnahme Pakistans

Der deutsche Außenminister Joschka Fischer forderte bei einem Besuch in Pakistan, die Regierung in Khartum müsse ihren Worten Taten folgen lassen, andernfalls müsse der UNO-Sicherheitsrat eingreifen. Fischer forderte Pakistan auf, seinen Sitz in dem Gremium zur Einflussnahme auf Sudan zu nutzen. Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf versprach, sich des Themas persönlich anzunehmen.

Ergebnislose Gespräche

Die Verhandlungen in Genf blieben festgefahren. Mittler der Afrikanischen Union versuchten, die Rebellen wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. Die Aufständischen hatten am Samstag die Gespräche in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba abgebrochen, weil die sudanesische Regierung bisherige Abmachungen nicht eingehalten habe. Papst Johannes Paul II. entsandte einen Sonderbeauftragten nach Darfur. Er rief die sudanesische Regierung auf, Gewalt und Verletzung der Menschenrechte zu beenden.

Hintergrund

Den Angriffen arabischer Milizen und Regierungssoldaten auf die schwarzafrikanische Bevölkerung in Darfur sind Schätzungen zufolge bereits Zehntausende Menschen zum Opfer gefallen. Rund eine Million Menschen sind auf der Flucht, etwa zwei Millionen benötigen dringend Nahrungsmittel. Powell, Fischer und Annan waren bereits im Sudan, um mit der Regierung über eine Lösung des Konfliktes zu sprechen. (APA/AP)