Bild nicht mehr verfügbar.

Bossi-Nachfolger Roberto Calderoli hatte sein neues Ministerium noch gar nicht betreten, da drohte er bereits mit Rücktritt.

Foto: EPA/ANSA FILES
Sein neues Ministerium hatte er noch gar nicht betreten, da drohte er bereits mit Rücktritt. Roberto Calderoli, Vizechef der Lega Nord, diktierte am Dienstagabend unmittelbar nach seiner Vereidigung als Nachfolger Umberto Bossis im Ministerium für Reformen die Bedingungen für den Verbleib im neuen Amt. Entweder nächste Woche erfolge im Parlament die erste Abstimmung über die föderalistische Reform oder er trete zurück, so Calderoli.

Wem die Drohung galt, war unklar. Denn was zurzeit im italienischen Parlament passiert, entzieht sich sogar der Kontrolle von Kammerpräsident Pier Ferdinando Casini , der von "heilloser Konfusion" sprach. Die Koalitionspartner nutzten derzeit die Tagesordnung zur gegenseitigen Erpressung und blockieren sich damit gegenseitig.

Die Verabschiedung der längst fälligen Rentenreform wurde vertagt, weil die Lega Nord die Abstimmung als Druckmittel gegen die Christdemokraten benötigt. Die Diskussion über das Haushaltsgesetz musste verschoben werden, da sich die Parteien nicht einigen konnten. Am Mittwochnachmittag sah sich die Regierung gezwungen, bei der Abstimmung über das Sparpaket zum wiederholten Mal die Vertrauensfrage zu stellen - gegen den Widerstand des Koalitionspartners von der Nationalen Allianz.

Hunderte Bürgermeister protestierten indes vor dem Parlament gegen die Kürzung der Gelder für die Gemeinden. "Die Regierung spart auf unsere Kosten", klagte der Vorsitzende des Städtebundes Leonardo Domenici. "Die jetzt gekürzten Gelder sind alle bereits in den Gemeindehaushalten verplant."

Nach der Lega Nord attackierte am Mittwoch auch die Nationale Allianz die Christdemokraten. Falls deren Abänderungsanträge zum Föderalismuspaket nicht zurückgezogen würden, sei mit "Konsequenzen in der Koalition" zu rechnen. Derweil versuchte Premier Silvio Berlusconi, sich die Zustimmung der Christdemokraten mit dem Versprechen zu erkaufen, Rocco Buttuglione könne in Brüssel Mario Monti als EU-Kommissar ablösen. Dieses Tauschgeschäft wurde vom neuen Lega-Minister Roberto Calderoli als "Kuhhandel" abgelehnt. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.7.2004)