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Israel: UN-Resolution zum Sicherheitszaun "einseitig und kontraproduktiv"

Reuters/NIR ELIAS
Jerusalem/New York - Ungeachtet der jüngsten Resolution der UNO-Vollversammlung will Israel den Bau des vom Internationalen Gerichtshof (IGH) für völkerrechtswidrig erklärten Sperrwalls im Westjordanland vollenden. "Wir haben das Recht, uns zu verteidigen, und sind entschlossen, diese Anlage fertig zu bauen", erklärte der außenpolitische Berater von Ministerpräsident Ariel Sharon und vormalige israelische UNO-Botschafter Dore Gold am Mittwoch in Jerusalem.

"Tyrannei der Mehrheit"

"Die Resolution läuft darauf hinaus uns eines Schutzschildes zu berauben, ohne uns eine Alternative zur Verteidigung gegen den Terrorismus zu bieten", sagte der prominente israelische Diplomat. Hinsichtlich des Verlaufs der Sperranlage auf besetztem Territorium meinte Gold, Israel fühle sich ausschließlich an die Entscheidungen seines eigenen Obersten Gerichtshofes, nicht jedoch an die Gutachten des IGH in Den Haag gebunden.

"Israel wird den Bau nicht einstellen oder auf sein unveräußerliches Selbstverteidigungsrecht verzichten", sagte der Sharon-Berater Raanan Gissin am Mittwoch. "Der Bau wird weitergehen". Die Verabschiedung der Resolution mit den Stimmen von 150 Staaten, darunter jenen der EU-Mitglieder, habe ihn nicht überrascht, weil in der UNO-Vollversammlung die "Tyrannei der Mehrheit" herrsche und dort oft Stimmung gegen den jüdischen Staat gemacht werde.

Israel: "Furchtbar einseitige" Resolution

Israel hat der Europäischen Union ein "schändliches" Verhalten vorgeworfen. Er sei erschüttert darüber, dass die 25 EU-Mitglieder in "beschämender" Weise die "furchtbar einseitige" Resolution unterstützt hätten, erklärte der israelische UNO-Botschafter Dan Gillerman im Rundfunk. Israel hätte von den Europäern zumindest Stimmenthaltung erwarten können. Besonders verwerflich sei das Vorgehen Frankreichs gewesen, das im Sinn "seiner palästinensischen Freunde" auf die anderen EU-Staaten eingewirkt habe, sagte der israelische Diplomat. Er drückte auch seine besondere Enttäuschung über die Haltung der Niederlande, des gegenwärtigen EU-Vorsitzlandes, aus. Das Verhalten der EU-Staaten erhöhe die israelischen Zweifel hinsichtlich der Fähigkeit der Europäer, künftig zu einer Friedenslösung im Nahen Osten beizutragen.

Die EU-Staaten hatten eine Ergänzung des Resolutionstextes durchgesetzt; diese enthielt die gleichzeitige Aufforderung an Israelis und Palästinenser, die Verpflichtungen des Friedens-Fahrplans (Roadmap) des Nahost-Quartetts (USA, EU, UNO, Russland) zu erfüllen, dessen Ziel die Schaffung eines unabhängigen und existenzfähigen palästinensischen Staates im Westjordanland und Gaza-Streifen bis 2005 ist.

Israels Außenminister Silvan Shalom hatte die EU bis zuletzt aufgefordert, mit Nein zu stimmen oder sich zumindest der Stimme zu enthalten. Shalom hatte den EU-Außenbeauftragten Javier Solana vor zwei Tagen angerufen und gebeten, seinen Einfluss dahingehend geltend zu machen. Solanas Antwort war jedoch ablehnend. Israel habe zwar das Recht, Verteidigungssperren auf seinem eigenen Gebiet zu errichten, nicht aber auf fremdem.

Palästinenser: Historische Entwicklung

Der palästinensische UN-Beobachter Nasser al-Kidwa sprach von einer historischen Entwicklung. "Dies könnte die wichtigste Resolution der Vollversammlung seit der Annahme von Resolution 181 von 1947 sein", sagte er unter Hinweis auf die Aufteilung des von Großbritannien verwalteten Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat. Er sprach von einem "hervorragenden Ergebnis für Frieden und Versöhnung"

Abgriss gefordert

In der beschlossenen Resolution hat die UNO-Vollversammlung mit großer Mehrheit von Israel den Abriss seiner Sperranlage zu den Palästinenser-Gebieten verlangt. Sie schloss sich mit den Stimmen der Europäischen Union (EU) einem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs an, in dem der Bau der Sperranlage im Westjordanland als illegal bezeichnet wurde.

Gleichzeitig wird der UNO-Generalsekretär beauftragt, einen Katalog der bekannt gewordenen Schäden zur Wiedergutmachung durch Israel zu erstellen. In der Resolution wird die Schweiz als Depositärstaat der Genfer Konventionen aufgefordert, die Möglichkeiten für die Abhaltung einer internationalen Konferenz der Vertragsstaaten zu prüfen. Außenministerin Micheline Calmy-Rey erklärte in Bern, die Schweiz nehme das Mandat an.

150 Stimmen dafür, sechs dagegen, zehn Enthaltungen

Die Vollversammlung stimmte am Dienstag nach tagelangen Verhandlungen mit 150 Stimmen für die nicht bindende Resolution. Die USA, Israel, Australien, Mikronesien, die Marshall-Inseln und Palau stimmten dagegen, zehn Staaten enthielten sich der Stimme. Australiens Außenminister Alexander Downer erklärte später, Israel habe das Recht, sich vor dem Terrorismus zu schützen. Die australische Regierung billige jedoch nicht den Bau der Sperranlage auf besetztem Palästinenser-Gebiet.

Die UNO-Vollversammlung zog mit dem Votum die Konsequenz aus dem von ihr selbst in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs vom 9. Juli, der die israelische Anlage für völkerrechtswidrig erklärt hat. (APA/AP/Reuters/red)