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Jean-Marie Le Pen, der Chef der französischen rechtsextremen Partei "Front National" (links), und der Chef der rechtsextremen "British National Party", Nick Griffin, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im April 2004.

Foto: EPA/MARTIN RICKETT
Beim Plausch mit dem Wahlvolk gibt sich Stewart Williams als kreuzbraver Bürger, dem es nur um das Wohl Britanniens geht. Im verräucherten Pubhinterzimmer, wo sich der Rechtsradikale unter seinesgleichen wähnt, kommt er ohne Umschweife zur Sache. "Auf Pakis schießen", knurrt er, "alles was ich will, ist, auf Pakis zu schießen".

Pakis – mit dem Schimpfwort bedenken engstirnige Briten bei weitem nicht nur Pakistaner, sondern so ziemlich jeden, der eine braune Hautfarbe hat. Besonders dann, wenn er Muslim ist und eine weiße Gebetskappe trägt. Aber auch Sikhs mit ihren Turbanen fallen schnell unter den abfälligen Sammelbegriff: So feine Unterschiede machen sie bei der British National Party (BNP) nicht.

Moscheen im Blick

Williams, ein Aktivist der BNP im nordenglischen Bradford, einer früheren Textilmetropole, stellt sich den Umgang mit "Pakis" so vor: Er fährt auf eine Hügelkuppe, den höchsten Punkt über der Stadt, wo er alle Moscheen im Blick hat. "Dort würde ich den ganzen Tag sitzen. Mit einem Raketenwerfer. Sie alle in die Luft jagen." Dann malt sich der Neonazi aus, wie er sich in einem Lieferwagen versteckt, ausgerüstet mit einer Million Kugeln – an einem Freitagnachmittag, wenn die Gläubigen nach dem Gebet aus den Gotteshäusern strömen. "Das ist es, wovon ich immer träume."

Es ist Jason Gwynne zu verdanken, einem Reporter des Fernsehsenders BBC, dass Williams seine finsteren Gedanken nicht mehr öffentlich abstreiten kann. Gwynne ließ sich in die Reihen der Rechtsextremen einschleusen. Sechs Monate lang war er der lokalen Parteiprominenz mit versteckter Kamera auf den Fersen.

"Schockiert, aber nicht überrascht." So nahm Bari Malik, der Sprecher der Muslimischen Vereinigung in Bradford, die über den Bildschirm flimmernden Hasstiraden auf. Die BNP zeige ihr wahres Gesicht, sagte er und forderte Innenminister David Blunkett auf, die Partei zu verbieten. Auf Anstiftung zum Rassenhass stehen nach britischem Recht bis zu sieben Jahre Gefängnis. Und nur bei verbalen Attacken beließen es die Neonazis ohnehin selten. In Bradford, wo 20 Prozent der Bewohner aus Südasien stammen, die meisten aus Pakistan und Bangladesch, ist dies seit spätestens drei Jahren bekannt.

Damals provozierten Schläger der BNP mit gezielten Angriffen auf Farbige die seit langem heftigsten Krawalle der Insel, blutige Straßenschlachten junger Muslime mit der Polizei. Was sie schürten, war ein Klima der Angst und gegenseitiger Verdächtigungen, ein feindseliges Gettodenken. Bei den Kommunalwahlen vor einem Monat zogen vier Kandidaten der Partei prompt ins Rathaus der strukturschwachen Industriestadt ein, zum ersten Mal überhaupt, und zwar mit weichgespülten Parolen.

In jüngster Zeit hat Parteichef Nick Griffin, ein Absolvent der Eliteuniversität Cambridge, die Faschisten nämlich auf Biedermannkurs getrimmt, weg vom Image der kahlköpfigen, tätowierten Raufbolde. Nach außen gibt der 45-Jährige den besorgten Law-and-Order-Mann, zwar rechts, aber nicht rechtsradikal. Er sei kein Rassist, beteuert Griffin.

"Bösartige Religion"

Hinter verschlossenen Türen, heimlich mitgeschnitten von dem BBC-Journalisten, schlägt er andere Töne an. Dort beschimpft er den Islam als "niederträchtige und bösartige" Religion. Der Koran, behauptet er, gebiete es seinen Anhängern, Frauen zu vergewaltigten, solange es keine muslimischen Frauen seien. Auf diese Weise hätten sich die Muslime von "verschrobenen Irren" zu einer Macht entwickelt, die "ein Land nach dem anderen überschwemmt". (DER STANDARD, Printausgabe, 20.7.2004)