Wien - Bei den ÖBB sind nach der Zwangspensionierung von Personalchef Wolfgang Moldaschl im Alter von 47 Jahren schwere Turbulenzen ausgebrochen. Die Gewerkschaft hat am Montag indirekt die Ablöse des Vorstands und des Aufsichtsratspräsidenten gefordert. Gestritten wird auch über die Beratungskosten, die seit 2001 von acht auf über 20 Mio. Euro gestiegen sind. Der Vorsitzende des Rechnungshofausschuss im Parlament, der Grüne Abgeordnete Werner Kogler, will noch diese Woche beim neuen Rechnungshofpräsidenten, Josef Moser, ein Prüfersuchen einbringen.

"Horrende Kostenexplosion"

Die "Kostenexplosion" auf 20 Mio. Euro sei "horrend und aufklärungsbedürftig". Kogler spricht von "Freunderlwirtschaft, mangelhafter Ausschreibung, überhöhten Kosten und fragwürdiger Sachkompetenz". Der Fall sei eine "erste Nagelprobe für den neuen RH-Präsidenten". Vor dem Hintergrund seiner beruflichen Vergangenheit als ÖBB-Manager könne Moser nun "seine vielbeschworene Unabhängigkeit bei Interessenskonflikten unter Beweis stellen", meint der Grüne.

"Inkompetent und hilflos"

Noch schärfer der Chef der Eisenbahnergewerkschaft (GdE), Wilhelm Haberzettl: Der Vorstand sei "inkompetent und hilflos". Für Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach (F) bestehe "höchster Handlungsbedarf", so Haberzettl am Montag in einer Aussendung. Das Management schießt zurück: Die Gewerkschaft kenne nur "Populismus, Panikmache und Streikdrohungen". Die Vorwürfe der Belegschaftsvertretung seien "völlig haltlos", die Beraterkosten wegen der Umstrukturierung ein "außerordentliches Ereignis" gewesen, so ÖBB-Konzernsprecher Michael Hlava zur APA.

Für Haberzettl ist die Pensionierung des 47-jährigen Moldaschl, dem eine gute Gesprächsbasis zur Gewerkschaft nachgesagt wurde, eine "Bestrafungsaktion". Moldaschl habe lediglich "längst fällige Entscheidungen eingefordert". Seine Abberufung sei Zeichen einer "eklatanten Führungsschwäche" des Vorstands, für die ÖBB-Aufsichtsratspräsident Wolfgang Reithofer mitverantwortlich sei. Die ÖBB seien dadurch in eine "kritische" Situation gebracht worden. Schon am Freitag hatte die Gewerkschaft vorerst sämtliche Personalverhandlungen abgebrochen, weil es ihrer Meinung nach für Moldaschl keinen kompetenten Ersatz gibt.

Von Vakuum "keine Rede"

Die Antwort des Managements: Keine Gewerkschaft könne sich den Personalchef aussuchen. Zwischen Moldalschl und dem Vorstand habe es "unüberbrückbare Auffassungsunterschiede in Sachfragen" gegeben, sagte ÖBB-Konzernsprecher Michael Hlava zur APA. Von einem Vakuum im Personalmanagement, wie von der Gewerkschaft kritisiert, könne keine Rede sein. Moldaschl selbst habe eine Stellvertreter-Regelung geschaffen, die nun umgesetzt werde. Mit den sechs Führungskräften, die nun seine Arbeit übernähmen, habe die Gewerkschaft schon bisher verhandelt.

Die hohen Beratungskosten 2003 begründet das Management mit dem Zusammenfall von Strukturreform, Dienstrechtsreform und dem Sparprogramm Power 2005. Haberzettl habe als stellvertretender Vorsitzender im Aufsichtsrat die Beraterleistungen mitbeschlossen, so Hlava, der den Gewerkschaftsvorsitzenden gleichzeitig dazu aufgefordert hat, seine eigenen Ausgaben für Berater offen zu legen - was die Eisengewerkschaft umgehend getan hat: Laut einem Sprecher Haberzettls hat die Eisenbahnergewerkschaft im Vorjahr Rechtschutzberatung für ihre Mitglieder in Höhe von rund 479.000 Euro in Anspruch genommen und zusätzlich 133.00 Euro für Strategieberatung ausgegeben. (APA)