Karlsruhe - Geprellte Aktionäre, die durch
falsche Ad hoc-Mitteilungen an der Börse Geld verloren haben, können
künftig auf Schadenersatz hoffen: In einem Grundsatzurteil hat der
deutsche Bundesgerichtshof (BGH) am Montag im Fall der Pleite
gegangenen Softwarefirma Infomatec die Ex-Vorstände des Unternehmens
verurteilt, einem Dortmunder Kläger 100.000 DM (51.130 Euro)
Schadenersatz zu zahlen.
"Neue Ära"
Damit habe der BGH "eine neue Ära im Aktionärsschutz eingeläutet",
erklärten die Anwälte. Erstmals sei höchstrichterlich bestätigt
worden, dass Aktionären Schadenersatz zusteht, wenn die Aktien
aufgrund vorsätzlich falscher Unternehmensmitteilungen erworben
wurden.
Der BGH hatte erstmals darüber verhandelt, ob Vorstände persönlich
haften, wenn sie in Pflichtmitteilungen an der Börse etwa zu
Geschäftsabschlüssen übertriebene Angaben machen, um die Aktienkurse
in die Höhe treiben, und Anleger deshalb schädigen.
Das Augsburger Softwareunternehmen als einstiger Star am
Frankfurter Neuen Markt hatte im Mai 1999 den Abschluss eines
Liefervertrages mit der Telefonfirma Mobilcom im Wert von 55 Mio. DM
(28 Mio. Euro) mitgeteilt, obwohl davon nur 9,8 Mio. DM verbindlich
waren und der Rest vage in Aussicht gestellte Folgeaufträge betraf.
Kauf erfolgte "zeitnah zu der Falschmitteilung"
Der Dortmunder Kläger kaufte zwei Monate nach der optimistischen
Mitteilung mit einem Bankkredit über umgerechnet rund 46.000 Euro
Infomatec-Aktien - und erhob nach dem Einbruch der Kurse gegen die
Firmenvorstände Klage. Das Landgericht Augsburg hatte ihm deshalb
bereits im September 2001 einen Anspruch von gut 100.000 DM für
entstandene Börsenverluste zugesprochen. Auch vor dem BGH hatte er
jetzt Erfolg, weil der Kauf zeitnah zu der Falschmitteilung erfolgte.
Ein weiterer Kläger, der die Aktien erst neun Monate später erworben
hatte, wurde dagegen abgewiesen. (APA/AP/Reuters/dpa)