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Chirac erklärt Scharon zur unerwünschten Person

APA/EPA/Pavel Wolberg/Stephen Chernin
Jerusalem - Der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon beharrt auf seiner Aufforderung an die französischen Juden zur Auswanderung nach Israel. In einer Mitteilung seines Büro in Jerusalem hieß es nach Rundfunkberichten vom Dienstag, der Premier sei weiterhin davon überzeugt, dass es in Frankreich Antisemitismus gebe. Ungeachtet ernsthafter Gegenmaßnahmen der dortigen Regierung dränge er die französischen Juden zur Immigration nach Israel - so wie er Juden in aller Welt dazu rate.

Sharon: "Besuch ohnehin nicht geplant"

Aus Empörung über die Äußerungen Sharons hatte der französische Staatspräsident Jacques Chirac am Montag erklärt, der israelische Regierungschef sei in Frankreich vorerst nicht willkommen. Ein Besuch Sharons sei erst dann in Erwägung zu ziehen, wenn Israel die Aufforderung an die französischen Juden klarstelle. Aus Sharons Büro verlautete dazu, in den kommenden Monaten sei ohnehin kein Besuch Sharons in Frankreich geplant gewesen.

Mit seiner Aufforderung an französische Juden, wegen des "wildesten" Antisemitismus in ihrem Land rasch nach Israel auszuwandern, hatte Sharon einen schweren Konflikt nicht nur mit der französischen Regierung, sondern auch mit führenden Vertretern des französischen Judentums herbeigeführt. Ein Sprecher des Großrabbiners von Frankreich, Joseph Sitruk, wies die Aussagen Sharons zurück; der Auswanderungsappell sei unbegründet und gegenstandslos. Vom Exekutivbüro des jüdischen Zentralrates CRIF kam der Vorwurf, Sharon würde "in nicht hinzunehmender Weise Öl ins Feuer gießen". CRIF-Ehrenpräsident Theo Klein erklärte, Sharon sollte es der jüdischen Gemeinschaft Frankreichs überlassen, sich um ihre Probleme zu kümmern. Klein, eine der prominentesten jüdischen Persönlichkeiten Frankreichs, hatte Sharon schon bei früheren Anlässen des Missbrauchs des Antisemitismus-Vorwurfs beschuldigt.

Der Präsident der französischen Nationalversammlung, Jean-Louis Debré, dessen Familie jüdischer Abstammung ist, erklärte, Sharons Aussagen würden nicht der Realität entsprechen und seien "Ausdruck einer Feindseligkeit gegenüber unserem Land". Den Rassismus bekämpfe man nicht, indem man "das Terrain verlässt".

Heuer 510 antisemitische Übergriffe

Das französische Innenministerium registrierte nach eigenen Angaben in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 510 antisemitische Übergriffe oder Drohungen. Im gesamten Jahr 2003 waren es 593 Fälle. Oft handelt es sich um Hakenkreuzschmierereien auf jüdischen Friedhöfen oder Einrichtungen der jüdischen Gemeinden.

Empörung hatte zuletzt in Frankreich ein von dem angeblichen "Opfer" erfundener und als antisemitisch motiviert dargestellter Überfall auf eine junge Mutter in einem Pariser Vorortezug hervorgerufen. Die Schilderung der 23-jährigen Frau, wie sie und ihre 13 Monate alte Tochter vor den Augen von etwa 20 völlig passiven Reisenden von sechs Jugendlichen arabischer und afrikanischer Herkunft überfallen, als Jüdin beschimpft und mit Hakenkreuzen beschmiert worden wären, hatte einen Aufschrei der Empörung ausgelöst.(red/APA/AP/dpa)