Für die einen ist es pädagogisch sinnvoller Einsatz von Hightech, für die anderen schlicht die elektronische Hundeleine für Kids: Immer mehr und variantenreichere Möglichkeiten stehen zur Verfügung, um Kinder durch den Einsatz moderner Technologien zu überwachen. Der Großteil der angebotenen Systeme bedient sich dabei gängiger Telekommunikationstechnologien wie GSM, GPS und Bluetooth.

Lokalisierung

In Deutschland etwa bietet die Firma Armex seit kurzem einen Service namens "Track your Kid" an. Dabei können sich die von Sorge geplagte Eltern via SMS oder Internet über den Aufenthaltsort ihrer Kinder - beziehungsweise deren Handys - informieren lassen. "Um das Handy des Kindes zu lokalisieren, bedienen wir uns ganz einfach der Signallaufzeitverzögerung", erklärt Dirk Karnowsky von Armex. Ein eingeschaltetes Mobiltelefon sei im Durchschnitt immer an drei Signalstationen gleichzeitig eingeloggt. Durch die unterschiedliche Übertragungsdauer des Signals vom entsprechenden Handy zu den verschiedenen Stationen könne die Position des Geräts ermittelt werden. "In Großstädten ist die Netzdichte höher, da kann ein Telefon durchaus an bis zu acht Stationen eingewählt sein. Dementsprechend genau ist dann auch die Standortbestimmung", so Karnowsky. In München etwa könne man ein Ziel auf bis zu 19 Meter genau lokalisieren. Dem gegenüber steht naturgemäß ein schlechterer Wert in ländlichen Gegenden: "In Regionen, wo nur eine einzige Sendestation für das Mobiltelefon erreichbar ist, können wir den Aufenthaltsort lediglich auf ein Gebiet mit drei Kilometern Radius eingrenzen."

Fehlstunden adé

Zur umfassenden elterlichen Sicherheit hat Armex nun auch den Schulschwäzern den Kampf angesagt: "Schul-SMS" heißt ein Service, das "die Kommunikation zwischen Eltern und Lehrern erleichtern soll", wie Armex-Chef Karnowsky zum STANDARD sagt. Im Klartext bedeutet das, dass bei unentschuldigtem Fehlen eines Schülers dessen Eltern via SMS umgehend verständigt werden. Dazu wird ein Java-basiertes Tool mit der Standardsoftware an Deutschlands Schulen verknüpft, womit der Massenversand standardisierter SMS an die Eltern der Blaumacher mit einem Tastendruck erledigt werden kann. "Seit der Markteinführung im Juli 2003 haben 300 bis 400 Schulen das System geordert. Manchmal ging die Zahl der unentschuldigten Fehlstunden um bis zu 93 Prozent zurück", unterstreicht Karnowsky die Effizienz des Systems.

Der Trend zur elektronischen Überwachung macht aber auch vor der Freizeit nicht halt. Große Entertainmentparks springen auf den Zug auf: So können etwa im dänischen Legoland in dieser Saison erstmals WirelessLan-fähige Armbänder gemietet werden, die den Standort des Sprösslings jederzeit abrufbar machen: Die Koordinaten werden per SMS übermittelt. Ähnlich auch das Angebot für Eltern, die den Tivolipark in Kopenhagen besuchen: Dort setzt man allerdings auf Bluetooth-Technologie, die die Kommunikation der Armbänder mit einem den Park überspannenden Funknetz ermöglicht. In weitaus größeren Dimensionen denkt man in Japan: Dort will eine ganze Stadt ihre Kinder satellitengestützt überwachen lassen. Knapp 3000 Schüler im nördlich gelegenen Murakami sollen dort mit GPS-Geräten ausgestattet werden. Die Eltern können dann die Wege ihres Kindes jederzeit online nachvollziehen. Zudem verfügt der Apparat über einen Alarmknopf, mit dem Eltern im Notfall verständigt werden können.

Geschlossene Räume

Eine ähnliche Überwachungsmethode steht auch britischen Eltern zur Verfügung: Rüsten sie ihren Nachwuchs mit einem "Personal Transponder" der Firma Quik Trak aus, ist deren Aufenthaltsort ebenfalls via Internet jederzeit abrufbar. Das Besondere an diesem System ist, dass dabei das Quik-Trak-eigene Netz genutzt wird. Das Unternehmen betreibt Funknetze, die sonst von Taxibetreibern oder Zustelldiensten genutzt werden, um ihre Mitarbeiter zu überwachen. Gegenüber dem bekannten GPS-System hat dieses Netz den Vorteil, dass auch es in geschlossenen Räumen problemlos funktioniert.

Doch nicht immer bleibt die Überwachungstechnologie oberflächlich. Das Modell der amerikanischen Firma Applied Digital Solutions geht buchstäblich unter die Haut. Sie bietet die Implantation des so genannten "Veri Chips" an. Die rund zwei Millimeter großen Teile werden durch Muskelbewegung angetrieben. Jeder Chip besitzt eine eigene Identifikationsnummer, die von einem externen Scannsystem mittels RF (Radio Frequency)-Technologie erfasst werden kann. RFID-Tags sind bereits als Warenkennzeichnungssystem im Logistikbereich bekannt.

Da von der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde noch nicht genehmigt, bietet das Unternehmen das Implantat derzeit in Südamerika als "Schutz für potenzielle Entführungsopfer" an. Zudem sei das System auch als biometrisches Erkennungsmerkmal ideal geeignet.

Dass Überwachungssysteme, die mit dem Argument der (Kinder-)Sicherheit verkauft werden, auch andere Möglichkeiten miteinschließen, wie etwa die Überwachung von Mitarbeitern und Ehepartnern, ruft naturgemäß die Datenschützer auf den Plan. (Angelika Slavik/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19 7. 2004)