Wien - Die Sozialhilfe braucht Hilfe. Auf diesen Kurzen Nenner lässt sich die Einschätzung von Experten bringen, die am Donnerstag bei einer Tagung in Wien auf eine Modernisierung der Existenzsicherung gedrängt haben. Pläne für eine Vereinheitlichung der in den Bundesländern unterschiedlich geregelten Sozialhilfe sind bisher nicht umgesetzt worden. Zuletzt hatte der Arbeits- und Sozialrechtler Walter Pfeil im März einen Diskussionsvorschlag für einen 15a-Vertrag mit den Ländern vorgelegt, der eine einheitliche soziale Mindestsicherung in der Höhe der Ausgleichszulage von derzeit 653 Euro vorsieht.

"Immer mehr drauf angewiesen"

Bei der Enquete am Donnerstag drängte Pfeil nun auf Reformen. "Immer mehr Menschen sind auf Sozialhilfe angewiesen und laufen Gefahr, ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten zu können", schlug der Experte Alarm. Denn: In den vorgelagerten Systemen - etwa Arbeitslosen- und Pensionsversicherung - regiere immer stärker der Sparstift, würden Leistungen gekürzt. In der Folge wachse die Zahl derer, die in der Sozialhilfe als letztem Auffangnetz landeten. Diese sei aber als subsidiäre Hilfe für Einzelfälle konzipiert worden und dem nunmehrigem Andrang nicht gewachsen. Eine Reform allein werde das Problem nicht lösen können, betonte Pfeil laut Aussendung der Caritas. "Der Bund muss mit Ländern und Gemeinden an einem Strang ziehen. Das gegenseitige Zuschieben des Schwarzen Peters der sozialpolitischen Verantwortung muss aufhören."

Auch die Caritas fordert eine Modernisierung der Existenzsicherung. "Viele Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, haben derzeit keinen Zugang zur Sozialhilfe, weil in vielen Regionen Österreichs pure Willkür bei der Vergabe herrscht. Außerdem darf Sozialhilfe keine Endstation sein", sagte Caritas-Generalsekretär Stefan Wallner-Ewald. "Unsere Erfahrung in vielen Beschäftigungsprojekten zeigt, dass SozialhilfeempfängerInnen, die oft viele Jahre vom Arbeitsmarkt weg sind, eine hohe Arbeitsmotivation haben, wenn man ihnen eine passende Beschäftigungsmöglichkeit anbietet." Wallner-Ewald ortet einen "eklatanten Nachholbedarf" bei Maßnahmen für besonders benachteiligte Menschen: "Das AMS hat sich in den letzten Jahren zunehmend auf leichter vermittelbare Personen konzentriert, um die Vermittlungsquoten zu heben."

"Haushalte, deren Vorstand arbeitslos oder Sozialhilfeempfänger ist, sind von Verarmung besonders betroffen", sagte WIFO-Expertin Gudrun Biffl. Mit Ausnahme von Salzburg sei neben dem Sozialhilfebezug aber kein Zuverdienst aus Erwerbsarbeit möglich, ohne dadurch den Sozialhilfebezug zu verringern. Damit entfalle der Anreiz zur Arbeitsaufnahme. (APA)