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Vom Sport haben P., S. und M. nachher nie erzählt. Aber vielleicht lag das daran, dass die drei nachher immer ein paar Tage brauchen, um sich zu erholen - und dann hat man ohnehin alles gesehen. Im Fernsehen. In den Magazinen. Auf den Partyseiten im Web. Obwohl: Die - zumindest Fotos, auf denen P., S. und M. zu sehen sind - werden von den drei reisenden Tifosi selbst weitergeschickt. So kaputt können sie gar nicht sein. Nur einen Beachvolleyball hat auf diesen Fotos noch nie jemand entdeckt. Obwohl die drei behaupten, wegen des Sports nach Kärnten zu fahren: Das jährliche Beachvolleyball am Wörthersee, sagt Frau P., sei ein Fixpunkt in ihrem Terminkalender.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

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Ja, assistiert Frau S., einen Sommer, in dem sie sich nicht im Klagenfurter Strandbad zeige, könne sie sich nicht vorstellen. Schließlich, setzt M. fort, gehe es auch darum, dabei zu sein. Olympisch denken und Freunde treffen. Und (P., S und M. werden unisono böse) all jene, die mit Detailfragen à la "wer hat gewonnen", "wer hat gespielt" oder gar "wie viele Sätze hat ein Spiel" nerven, sind bloß neidig. Leute, die nichts verstanden haben.
"Die Mädchen", erinnert sich M. dann doch daran, einmal auch das Spielfeld gesehen zu haben, "haben geile Hosen an. Wenn die breitbeinig vorgebeugt im Sand stehen - das macht Laune." Nächstes Jahr will M. öfter bei Spielen zusehen. Zumindest bei den Damen. Wenn es sich ausgeht.

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Oliver Stamm seufzt wehmütig. Schließlich, gibt der ehemalige Beachvolleyballer, Kurzzeit-TV-Moderator und nunmehrige Sport-PR-Mann zu, hätte er nichts dagegen, wenn er seine Schäfchen (Schwimmer, Radfahrer, Segler) ebenso publikumswirksam in Szene setzen könnte, wie es Event-Zampano Hannes Jagerhofer mit Beachvolleyballern tut. Aber Radfahrer, Segler oder Schwimmer seien schwieriger zu inszenieren als Volleyballer im Sand.
Denn der Mechanismus aus der einstigen Rand- und Strandsportart ein Mega-Event zu machen, "habe wenig mit dem Interesse der Massen an Volleyball zu tun" und sei im Prinzip "ganz einfach - nur: das so erfolgreich umzusetzen ist eine gewaltige Leistung" Und kopieren, bedauert Stamm, lasse sich ein derartiger Erfolg "eben nicht".

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Anderswo, erinnert sich Stamm an jene Zeit, in der er gemeinsam mit Nik Berger als österreichisches Beachvolleyballteam international spielte, "ist Beachvolleyball bei weitem kein solcher Magnet wie am Wörthersee". Und von Zigtausenden Fans, könne man bei anderen Turnieren nur träumen. "Das Geheimnis ist das Netzwerk, mit dem Jagerhofer seit Jahren in Österreich bestens fährt: Udo Jürgens, Niki Lauda und Attila Dogudan sind bei Jagerhofer-Events solche Fixposten wie A1, Swatch und Red Bull. Dazu kommen ausgezeichnete Verbindungen zum News-Verlag: Jagerhofer könnte er zum Weitspucken bitten und alle würden kommen."

Dass Beachvolleyball als Mittelpunkt eines längst allumfassenden Rundum-Events ("die VIP- und Backstagebereiche werden immer größer - und die Partys und Sponsoren-Events rundherum sind für viele längst der Kern der Veranstaltung", so Stamm) ideal ist, hat Jagerhofer rechtzeitig erkannt: In dem von seiner Agentur Acts herausgegebenen Festschrift "That's the way - the story of a Hype" erklärt der Mann, der vor über einer Dekade mit den ersten großen Clubbings in Österreich auch heute noch gültige Maßstäbe für das Ausrichten von schicken Szene- oder PR-Events (die Grenzen waren da von jeher fließend) setzte, wie der Weg zur Veranstaltung, die mittlerweile längst mehr als 100.000 Besucher anlockt, anfangs aussah: 20 am Spiel interessierte Fans, erinnert sich Jagerhofer, seien damals - 1996 - rund um den im Strandbad aufgebauten Platz gestanden.

Als er dann die Platzlautsprecher in Richtung Strandbad drehte, hätte er immerhin 300 der 14.000 Badegäste herüberlocken können. Danach habe man die Wichtigkeit der Inszenierung erkannt: "Es waren immer die Fans, die uns den Mut gegeben haben weiterzumachen", erklärt Jagerhofer - und zitiert den Olympiasieger von Sydney, Eric Fonoimoana, der meint, "Klagenfurt hat das beste Publikum der Welt." Allerdings sind die Details um das Beachvolleyballbuch weit aufschlussreicher als die (ohnehin erwartbaren) Statements.

So spricht Jagerhofer in den sparsam eingesetzten Texten oft vom "Produkt", dem Gesamtpaket aus Sport und Drumherum. Und dieses Drumherum nimmt mehr Raum ein als das, was "klassische" Sportbücher ausmacht: Wer wo wann und wie gegen wen spielt - oder gar gewinnt: Wen interessiert's. Aber die Leute auf den Fotos (SpielerInnen, Hostessen, Marketingmädchen, Gogos, Strandschönheiten, Gäste und Promis) schauen verdammt gut aus - und sind in ein Bilderbuch verpackt, das in Sachen Layout, Druck, Papier, Verpackung und kleine Mätzchen zeigt, was derzeit Stand der Technik ist. (Und die Logos seiner Sponsoren hätte Jagerhofer nicht einmal aussparen können, wenn er es gewollt hätte.)

Aber dass Beachvolleyball sexy ist und sich gut vermarkten lässt, haben mittlerweile sogar die biedersten Funktionäre erkannt - und ins Regelwerk einfließen lassen: Die seitlichen Stege der Hosen dürfen (natürlich nur bei den Damen) bestimmt aus rein sportlichen Gründen nicht breiter als sechs Zentimeter sein.
Bei Amateur-Wettbewerben sollen Frauen, die das zweite oder dritte Kind schon abgestillt haben, deshalb mitunter lieber nicht auf den Platz gegangen sein. Wegen der Fans. Denen geht es nämlich um den Sport. Der Sport? Oliver Stamm muss lächeln: Natürlich sei das "ein wundervolles Gefühl, wenn dir 20.000 Leute zuschauen. Ich habe das in Klagenfurt erlebt, es war wundervoll."

Und es habe natürlich gedauert, bis er sich eingestanden habe, "dass es da um die Inszenierung des schönen Körpers, um Erotik und Partywahnsinn geht". Beachvolleyball bettle geradezu um Inszenierung: "Die Regeln sind einfach, der Platz überschaubar und das Setting lässt Sex und Erotik zu. Ein Segler ist zu weit weg, ein Radfahrer rasch vorbei, ein Schwimmer kaum spektakulär zu sehen - bleibt vielleicht noch Fechten: Aber da stellt sich dann doch die Frage, wie das mit einem sexy Outfit funktionieren soll." (DERSTANDARD/rondo/Thomas Rottenberg/16/04/07)
Fotos: "The Story of a Hype"/www.acts.at und Reuters