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Der langjährige EU-Kommissar Franz Fischler hat es eilig. Eine NachfolgerIn muss her.

Foto: APA/Lucio Tavora
Brüssel/Wien – Franz Fischler verlässt mit der Kommission von Romano Prodi im November Brüssel. Der derzeitige österreichische EU- Kommissar sorgt sich aber um seinen Nachfolger. Er fordert die österreichische Regierung auf, rasch einen Kandidaten für das Amt des nächsten EU-Kommissars zu nominieren. "Diese Woche, spätestens nächste Woche" solle Wien seinen Kandidaten benennen, macht Fischler Druck. Seine Begründung: Wenn Wien zu lange warte, bestehe die Gefahr, dass "implizit Portfolios vergeben werden" und Österreich keine Auswahl bei den Ressorts habe, sagte Fischler vor Journalisten in Brüssel.

Kommende Woche, am 22. Juli, stimmt das Europaparlament über den designierten EU- Kommissionspräsidenten José Manuel Dur˜ao Barroso ab. Danach werde der Prozess der Kommissionsauswahl rasch gehen, glaubt Fischler: Viele bisherige Kandidaten würden dann wohl offiziell ausgestellt. Fischer rät daher: "Je früher man mit dem Präsidenten Kontakt aufnimmt, desto besser."

Fischlers Mahnungen haben auch den Hintergrund, dass etliche EU-Mitgliedsländer bereits ihre Kandidaten für die neue Kommission nominiert haben. Deutschland reklamiert das Amt des Superkommissars für Wirtschafts- und Industriepolitik für sich und hat dafür den bisherigen EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen nominiert. Großbritannien hat ein Auge auf das Amt des Binnenmarktskommissars geworfen und dafür Peter Mandelson ins Rennen gebracht. Frankreichs bisheriger Kommissar Jacques Barrot wird wahrscheinlich in Brüssel bleiben, als Posten will Frankreich den Wettbewerbskommissar oder Verkehr.

Der angesehene italienische Wettbewerbskommissar Mario Monti wiederum hat es auf den wichtigen Währungsbereich abgesehen. Die schwedische Umweltkommissarin Margot Wallström will ebenfalls bleiben, sie könnte das Ressort "Solidarität" (Regionalförderung, Umwelt, Konsumentenschutz) übernehmen. Finnland hat den Wirtschaftspolitiker Olli Rehn nominiert, Belgien Außenminister Louis Michel. Und für die Niederlande gilt Agrarminister Cees Veerman als Favorit für den Landwirtschaftskommissar.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sagte am Dienstag in Wien, auf das Drängen Fischlers angesprochen: "Ich nehme wohl an, dass Fischler weiß, wie es wirklich zugeht. An diesem Wochenende geschieht noch gar nichts." Was den österreichischen Kandidaten betreffe, so sei er "in guten Gesprächen" und werde den Namen rechtzeitig bekannt geben.

Das Thema Kommission kam bei der Präsentation eines Buches über die Zusammenarbeit der Klein- und Mittelstaaten im EU-Verfassungskonvent zur Sprache, das Schüssels Vertreter im Konvent, Hannes Farnleitner, herausgegeben hat ("Unser Europa – Gemeinsam stärker", Verlag MMC, 24,90 Euro).

Dabei fiel auf, dass Farnleitners Darstellung eines von Österreich initiierten Widerstandes gegen das französisch-deutsche Verfassungsmodell nicht die ungeteilte Zustimmung Schüssels fand. In einer Phase der Verhandlungen habe er zu einem Berater des britischen Premiers Tony Blair gesagt, dieser könne "entweder der Pudel von Bush oder der Wachhund für Chirac" sein, berichtete Farnleitner. Schüssels Reaktion: "Für deine Anekdoten und Scherze bist du selber verantwortlich." Dass Österreichs Rolle im Konvent die Haltung Frankreichs und Deutschlands bei der Kür des neuen Kommissionspräsidenten beeinflusst habe, bestritt Schüssel.

Er selbst habe von Anfang an gesagt, dass er nicht in Betracht komme. Frankreichs Präsident Jacques Chirac habe sich in den Schmollwinkel gestellt, nachdem er seine Favoriten, den luxemburgischen Premier Jean- Claude Juncker und dessen belgischen Kollegen Guy Verhofstadt, nicht habe durchsetzen können. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 14.7.2004)