Es gibt da so Indizien dafür, dass irgendeine Jahres- oder sonstige Zeit gleich kommen oder vorbei sein wird. Ein lieber Freund und Mann des Landes etwa sagt mit Blick auf die Kornfelder immer mitten im höchsten Sommer, dass der Sommer jetzt vorbei sei. Das irritiert mich schon seit Jahrzehnten, neuer in der Gruppe der jahreszeitlichen Irritationen ist da die Tatsache, dass Nikolos und Krampüsse schon mit Schulbeginn in den Regalen liegen und Weihnachtsmänner und Konsorten schon zum Nationalfeiertag. Ob das nun heißt, dass der Advent heuer aber echt besonders früh anfängt oder aber, dass man die geschäftliche Vegetationsphase einfach um das eine oder andere kleine Monat verlängern wollte, weiß ich nicht, tippe aber auf letzteres.

Aber zum Punkt: Dieser Duft von leise glimmender Holzkohle, vermischt mit den betörenden Schwaden diverser Anzünd-Hilfen, überlagert von zart angebrannter Schweineschwarte, höchst termisierter Wursthaut und durch Hitze vernichtetem Sonnenblumenöl (von der Marinade!), der in Wien überall dort zu schnuppern ist, wo zumindest drei Koniferen wachsen, ein Gartenzwerg mit Scheibtruhe steht oder ein Jägerzaun von mindestens einem Meter Länge das Garten-Idyll vorm feindlichen Übergriff bewahrt, blieb heuer irgendwie aus. Normalerweise ist dieser Duft unmittelbar nach dem Einsetzen des Bärlauch-Odeurs festzustellen und hält – zum Wochenende stärker werdend – so bis Ende September an, heuer roch es aber nicht einmal auf der Donauinsel nach Grillade, was ein ganz ernstes Zeichen dafür ist, dass entweder unbemerkt ein kultureller und nahrungsmitteltechnischer Wandel eingesetzt hat, oder dass es heuer einfach beim besten Willen nicht Sommer werden will.

Also genau die richtige Situation für „Alternativ-Griller“ abseits ausgetretenher Barbecue-Gewohnheiten, wie zum Beispiel meinen lieben Kollegen M. (vollständiger Name der Redaktion bekannt). Der lud nämlich zum Grillen, obwohl am Nachmittag der Sturm die kühlen Regentropfen waagrecht gegen Gesicht und Körper peitschte, und obwohl dem Vernehmen nach am Kahlenberg Schnee gefallen war. Der schlaue M. und die nicht minder schlaue S. ließen das Grillen also unter einem Garagendach stattfinden, in warme Jacken gehüllt wärmten wir uns nach der Zubereitung der Würste und Koteletts an Holzscheiten, die im Griller lichterloh brannten, sangen weihnachtliche Lieder und tranken warmes Bier.

Was sich außerdem noch zum Thema Grillen sagen lässt, ist folgendes: Ich glaube ja eigentlich, dass Gegrilltes nur wirklich dann wirklich gut ist, wenn die Methode der Zubereitung auch zu schmecken ist, soll heißen: wenn das Würstel zumindest an einer, besser aber an zwei Seiten leicht angekokelt ist und das Kotelett von strohiger Konsistenz. Saftige, unverbrannte Koteletts vom Grill, also in meiner Jugend hatte es so was nämlich nicht gegeben, und die Würstel wurden da am Wienfluss sowieso über Zeitungspapier (Holz war immer irgendwie nass und grün und außerdem nicht da) gebraten. Das prägt. Auch die Garnele kommt nur dann so richtig gut, wenn die Schale ordentlich Farbe genommen hat, und ein Steak ohne schwarze Streifen ist ohnehin kein Steak, sondern von mir aus ein Lungenbraten oder sonst was.

Und noch was zum Thema Grillen: Die zwei schrägsten Grilladen meines Lebens waren einerseits im argentinischen Mendoza, in einem kleinen Lokal am Rande des Parks, wo beim so genannten Asado so ziemlich alles von der Kuh auf den Grill kam, was nicht aus Knochen, Haut oder Fell war – gegrillter Dünndarm inklusive. Oder in Südafrika, wo das Grillen noch mehr Volkssport ist als hier, und wo man besonders gerne einen Fisch namens Snoek (sprich: Snuuk) auf den Rost legt. Das Besondere an diesem Fisch: Er wird erstens von Buben verkauft, die ihren Fang mit Scheibtruhen in die Dörfer karren, und zweitens wachsen diesem Fisch die Gräten nicht senkrecht, sondern waagrecht. Doch, das geht. Und recht gut war er obendrein.