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Leyla Zana

Foto: REUTERS/STRINGER/TURKEY
Ankara - Unter scharfer Beobachtung der Europäischen Union will das Oberste Berufungsgericht der Türkei kommende Woche sein Urteil über die Kurden-Politikerin Leyla Zana sprechen. Das Gericht rollte das Verfahren am Donnerstag in Ankara neu auf. Die fünf Richter kündigten ihr Urteil für kommenden Mittwoch an. Die Neunte Strafkammer des Gerichts soll entscheiden, ob die im April von einem türkischen Staatssicherheitsgericht bestätigten Haftstrafen gegen Zana und drei andere Kurden-Vertreter rechtmäßig sind. Ihnen wurde die Mitgliedschaft in der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorgeworfen.

Die Verteidigung verlangte die Annullierung der bisherigen Urteile. Im Berufungsverfahren vor dem Staatssicherheitsgericht im April seien noch schwerwiegendere Fehler gemacht worden als im heftig kritisierten ersten Prozess, sagte Zanas Anwalt, Yusuf Alatas, am Donnerstag. Die Richter seien parteiisch gewesen und hätten für die Angeklagten nicht die Unschuldsvermutung gelten lassen. So seien die Anklagten durchgängig als Verurteilte bezeichnet worden, und die Verteidigung habe unter anderem wichtige Zeugen nicht richtig befragen können.

Im neuen Verfahren in Ankara, an dem auch zwei Beobachter der EU teilnehmen, wird mit einer Entscheidung zu Gunsten Zanas gerechnet, weil auch die Staatsanwaltschaft am Berufungsgericht eine Aufhebung des Urteils vom April empfiehlt. Zana selbst nahm an der Sitzung nicht teil. Zana und drei andere frühere Parlamentsabgeordnete - Hatip Dicle, Selim Sadak und Orhan Dogan - waren 1994 wegen Mitgliedschaft in der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verurteilt worden. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg beanstandete diese Entscheidung mit der Begründung, in dem Prozess sei gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen worden.

Das Wiederaufnahmeverfahren in der Türkei endete im April mit einer neuen Verurteilung; Anfang Juni wurden die vier Kurden-Politiker jedoch auf Anweisung des Berufungsgerichts auf freien Fuß gesetzt. Die EU betrachtet den Rechtsstreit um Zana als Testfall für die Demokratisierung der türkischen Justiz. Die EU will Ende des Jahres über die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Türkei entscheiden. (APA)