Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Archiv

In der EU wird jetzt über eine umfassende Strategie zur Erhöhung der Ökoeffizienz diskutiert. Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit und drohende Umweltkatastrophen haben gemeinsame Ursachen und müssen daher zusammen bewältigt werden. Eine Entlastung der Steuern auf Arbeit und Einkommen und deren Umschichtung auf den Verbrauch von Material und Energie wird als wesentlicher Beitrag dazu gesehen.

Spätestens seit dem Ende des sogenannten New-Economy-Booms ist die wirtschaftliche Wachstumsmaschine ins Stottern geraten, die uns in den reichen Teilen der Welt seit 50 Jahren so viel materiellen Wohlstand produziert hat. Die Aktienkurse steigen nicht mehr so, wie sich das viele versprochen haben (oder es ihnen versprochen wurde), weil Unternehmen nicht mehr die Wachstumsprognosen abliefern können, die sich viele von ihnen versprochen haben (und die sie selber der Welt vor nicht allzu langer Zeit versprochen haben).

Politik als Teil der Lösung und Teil des Problems

Die Staats- und Regierungschefs der EU haben bereits im Jahr 2000 beschlossen, Europa innerhalb von 10 Jahren zur wettbewerbsfähigsten Region der Welt zu machen und dabei gleichzeitig Arbeit zu schaffen und die Umwelt zu schützen. Die Zwischenbilanz dieser so genannten Lissabon-Strategie sieht allerdings ernüchternd aus. Im Vergleich zu den beiden anderen großen Wirtschaftsblöcken hinkt die Europäische Union deutlich hinterher. Die Arbeitslosigkeit verharrt auf hohem Niveau und auch die Umweltindikatoren zeigen nicht nach unten.

Dabei ist ein wesentlicher Grund für all diese Probleme die Politik der EU-Staaten selbst. Die steuerliche Belastung der Einkommen macht Arbeit immer teurer und setzt so Anreize für die Unternehmen, bei den Arbeitsplätzen zu rationalisieren, während der Verbrauch an Material und Energie – also der Umweltverbrauch – weiter steigt. Dabei sind die Potenziale zur weiteren Rationalisierung der Arbeit heute weitgehend ausgeschöpft. Innovationen, die uns gegenüber Japan und den USA (wieder) auf die Überholspur bringen, sind davon kaum mehr zu erwarten.

Öko-Effizienz als erfolgreiche Strategie

Unter dem Stichwort "Öko-Effizienz" wird seit über 10 Jahren diskutiert, dass dieses Verhältnis genau umgekehrt sein könnte und sollte. "Leute raus schmeißen kann jeder" meinte schon vor etwa 2 Jahren Hartmut Fischer von der internationalen Unternehmensberatungsfirma Arthur D. Little und berichtete von enormen Potenzialen in deutschen Unternehmen, wirtschaftliches Wachstum und damit bis zu 750.000 Arbeitsplätze über die Einsparung von Material und Energie zu schaffen. Die Professoren Friedrich Schmidt-Bleek und Ernst-Ulrich von Weizsäcker erhielten für ihre Pionierarbeiten am Wuppertal Institut den hochdotierten japanischen Takeda-Preis. Der "Faktor 10" wurde zu einem Synonym für das Bestreben, viel mehr Wohlstand aus weniger Naturverbrauch heraus zu holen.

Der World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) machte sich für das Konzept stark und auch in Österreich wurde das Prinzip 2001 in einem einem Aktionsplan zur Steigerung der Ökoeffizienz verankert, der auch Eingang in die nationale Nachhaltigkeitsstrategie fand. Unter dem Titel "Nachhaltig wirtschaften" fördert das BMVIT seit einigen Jahren einschlägige Projekte.

Rechtzeitig zu Beginn der Halbzeit-Evaluierung der Lissabon-Stragtegie kommt nun auch politisch Bewegung in die Ökoeffizienz-Debatte. In Deutschland bereitet das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit ein Impulsprogramm zur Erhöhung der Materialintensität vor, und das niederländische Umweltministerium nimmt sich im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft des Landes im 2. Halbjahr 2004 des Themas an. Zur Vorbereitung wurden von PriceWaterhouseCoopers erfolgreiche Beispiele für öko-effiziente Innovationen gesammelt und gleichzeitig vom angesehenen Innovationsforschungsinstitut MERIT in Maastricht ein ganzer Strauß von politischen Strategien und Instrumenten zur Unterstützung solcher Ansätze erarbeitet.

Die steuerliche Entlastung der Einkommen bei gleichzeitiger Erhöhung der Steuern auf den Verbrauch von Material und Energie wird dabei als wichtiges Instrument für eine Beschleunigung des Innovationstempos diskutiert. In Österreich machte sich etwa der Round-Table Öko-Soziale Marktwirtschaft unter Ex-Vizekanzler Riegler dafür stark. Wenn sich die europäischen Umweltminister bei ihrem nächsten Treffen in Maastricht (16.-18. Juli 2004) darauf einigen, können sie einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die in der Lissabon-Strategie fest gelegten Ziele bis 2010 doch noch zu erreichen.

"Das heutige Steuersystem ist wirtschaftlich fragwürdig und es ist nicht gerecht. Es führt zu einer massiven Fehlallokation von Ressourcen durch den Markt, wodurch die ökologische Nachhaltigkeit nachhaltig behindert wird", so Prof. Schmidt-Bleek, der heute das internationale Faktor 10 Institut in Carnoules, Frankreich, leitet.