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Ein Arbeiter auf dem Dach des Olympischen Velodrom

Foto: AP/GIANNAKOURIS

Die Maskottchen haben Fixpreise. 4,99 Euro kostet die billigste Version der Stoffpuppe "Athena", ebenso viel ihr männliches Gegenstück "Phevos". Die beiden Götterboten sollen den Olympischen Sommerspielen 2004 ein Gesicht geben und dem Athener Organisationskomitee die Kassen füllen.

"Wir werden dafür Steuern zahlen, bis wir sterben", fürchtet Kiki, eine 35-jährige Athenerin, die Touristen auf die Akropolis führt. Wie Kiki wünscht sich auch Busfahrer Stavros nichts sehnlicher als die Rückkehr zur Normalität. "Seit 1997 ist das Leben hier zur Hölle geworden. Als ob wir nicht schon genug Staus hätten; jetzt geht an manchen Tagen gar nichts mehr. Immer wieder Umleitungen wegen neuer Baustellen, dazu Staub, Dreck. Und alles wird teurer."

1997 hat Athen den Zuschlag erhalten zur Ausrichtung der Sommerspiele 2004. Mit 2,4 Mrd. Euro glaubte man das Auslangen zu finden. 40 Tage vor Eröffnung der Spiele ist klar: Allein der Bau der Sportstätten wird mindestens 5,4 Mrd. Euro kosten. "Drei Jahre ist nichts passiert", sagt Kiki. "Jetzt wird rund um die Uhr gearbeitet, das kostet entsprechend mehr". Der Einsatz war nicht umsonst: Die 35 Wettkampfstätten sind so gut wie fertig, auch die anspruchsvolle Dachkonstruktion des spanischen Architekten Santiago Calatrava über dem Olympiastadion ist inzwischen montiert und fixiert. Dennoch gibt es noch jede Menge zu tun: Die Umgebung mancher Stadien gleicht einer Schutthalde, Böden sind zu verlegen, Plätze zu pflastern, Bäume zu pflanzen.

Es wird viel geschwitzt

Auch entlang der Straßen zu den Sportstätten wird geschwitzt: Leitschienen sind zu montieren, Verkehrszeichen anzubringen. Teilweise fehlt der Asphalt. Auch die alte Marathonstrecke wartet auf Teilabschnitten noch auf einen neuen Belag.

Rund vier Mrd. Euro fließen in Infrastrukturprojekte. Dazu gehört eine Ringautobahn, eine Schnellbahn zum Flughafen sowie 16 neue Metrostationen.

Aus der Traum jedenfalls von billigen Spielen, wie man sie ursprünglich vorhatte. Der 9. September 2001 hat den Planern einen Strich durch die Rechnung gemacht. Allein für Sicherheitsvorkehrungen zur Abwehr terroristischer Attacken wird mit Kosten von 1,2 Mrd. Euro gerechnet. Zum Vergleich: Bei den Sommerspielen in Sydney genügten für die Sicherheit rund 200 Mio. Euro.

Die gewaltigen Sicherheitsauflagen erschweren auch die Arbeit der Logistiker, die dafür sorgen sollen, dass das Sportgerät der erwarteten rund 10.500 Athleten, aber auch Arbeitsgerät für die mehr als 20.000 akkreditierten Berichterstatter aus aller Welt, Verpflegung und Mobiliar zeitgerecht an Ort und Stelle sind. "Zu den extremen Sicherheitsauflagen kommt hier hinzu, dass die Sportstätten so spät fertig wurden und wir teilweise bei noch laufenden Arbeiten Waren anzuliefern haben", erzählt Joachim Gniza, der für die Spedition Schenker die Arbeiten im Pressezentrum koordiniert.


Logistik-Marathon

Schenker ist - wie schon in München (1992), Sydney (2000) und Salt Lake City (2002) auch in Athen - die offizielle Partnerspedition des Internationalen Olympischen Komitees. Rund 1000 Sendungen im Landverkehr, mehr als 800 Container Seefracht und mehr als 1500 Tonnen Luftfracht seien zu bewältigen, sagt Matthew Clarke, der für die weltweite Sportlogistik von Schenker zuständig ist.

In Avlona, knapp 50 km nördlich von Athen, hat Schenker für die Spiele ein Zoll- und Warenlager eingerichtet. Hier muss alles durch, was später auf das Olympische Gelände soll. Jeder Container wird auseinander genommen, gescannt, versiegelt. Für jeden Lkw gibt es ein eigenes Zeitfenster, wann dieser in das Olympia-Gelände fahren darf. Und selbst das geht nur, wenn der Lkw mit der bestimmten Nummerntafel von einem zuvor akkreditierten Fahrer gelenkt wird, dessen Namen mit dem auf der Liste übereinstimmt. "Sonst heißt es wieder retour und alles von vorne", sagt Gniza.

Eine spezielle Anforderung stellt der Transport der rund 220 Pferde dar. Die an den Wettbewerben teilnehmenden Tiere aus Übersee wurden zum Teil bereits vor Monaten per Flugzeug nach Europa gebracht, um damit die langwierigen veterinärmedizinischen Auflagen in Athen zu vermeiden. Kurz vor den Reitbewerben wird der überwiegende Teil der Pferde in Sammelflügen von Luton bei London und von Münster an der deutsch-belgischen Grenze nach Athen geflogen - stehend in Boxen und begleitet von einer Hand voll Betreuern. Vom Flughafen geht es mit Pferdetransportern direkt zu den Stallungen unweit der Turnierplätze. Raffinierte Schlitze in der Außenwand der Stallungen sollen für genügend Luftzirkulation sorgen und den Pferden die 45 Grad Außentemperatur erträglicher machen. Sportler, Funktionäre und Begleitpersonen können auf klimatisierte Räumlichkeiten zählen. (Günther Strobl aus Athen, Der Standard, Printausgabe, 05.07.2004)