Wien - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) nennt noch keinen
Namen für mögliche österreichische Kandidaten für die künftige
EU-Kommission. Die Festlegung der Aufgabenverteilung sei
ausschließlich Sache des Kommissionspräsidenten. Und der neue
Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso habe darum gebeten,
nicht jetzt vorweg Personen zu nominieren, so Schüssel am Sonntag in
der Fernseh-"Pressestunde". Es wäre auch falsch, wenn jetzt von
Anfang an der Eindruck entstünde, der neue Kommissionspräsident sei
ein "Spielball" der Großen, so der Kanzler unter Hinweis auf eine
entsprechende Nennung von Günter Verheugen durch den deutschen
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD).
Schüssel ersucht Fischler zu bleiben
Schüssel sagte, er hätte gerne den amtierenden österreichischen
Kommissar Franz Fischler (V) ersucht, in Brüssel zu bleiben. Dieser
habe aber abgelehnt. Zur Forderung der SPÖ, die nach ihrem Sieg bei
der EU-Wahl das österreichische Mitglied nominieren möchte, sagte
Schüssel, die Sozialdemokraten könnten gerne Vorschläge machen. Laut
Verfassung sei der Vorschlag aber Sache der Regierung. Abhängig sei
dieser Vorschlag auch von den Vorstellungen des
Kommissionspräsidenten.
Einzelreferenden bedeuten zwei Jahre Stillstand
Nichts hält Schüssel davon, in den einzelnen Mitgliedsstaaten
einzelne Volksabstimmungen über die neue EU-Verfassung durchzuführen.
Dies könnte zwei Jahre Stillstand in Europa bedeuten, warnte er. Wenn
diese Abstimmungen aber kommen, sollten sie wenigstens in einem
möglichst knappen Zeitraum von ein oder zwei Wochen durchgeführt
werden. Sehr wohl Sinn machen würde aber eine gesamteuropäische
Volksabstimmung, bekräftigte der Bundeskanzler.
Probleme bei EU-Ambitionen der Türkei
In Sachen Türkei wies Schüssel darauf hin, dass die jetzige
Regierung in Ankara besser sei "als alles, was ich bisher erlebt
habe". Hinsichtlich der EU-Ambitionen der Türkei gebe es aber
Probleme. Die Bevölkerung sei so groß wie die aller zehn neuen
EU-Staaten zusammen, es gebe drei Mal so viele Bauern wie in der
gesamten jetzigen EU, dazu komme die strategische Lage. Schüssels
Resümee: "Ich bin nicht gegen die Aufnahme von Verhandlungen. Aber
ich möchte das Ende offen lassen." Dieses Ergebnis könne eine volle
Mitgliedschaft sein, aber auch ein verbesserter europäischer
Wirtschaftsraum oder eine strategische Partnerschaft. (APA)