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Wien - Wo auch immer André Rettberg, Ex-Libro-Chef und per internationalem Haftbefehl gesucht, steckt - sein Anwalt und Abwesenheitskurator Elmar Kresbach hat Post für ihn: eine Schadenersatzklage über 5,385 Mio. Euro.

Kläger ist der Masseverwalter in der Konkurssache Libro AG, Günther Viehböck; zweiter Beklagter ist Exfinanzchef Johann Knöbl. Grund für die dem STANDARD vorliegende Klage: Die früheren Manager hätten der Libro AG aufgrund von "Fehlverhalten einen Schaden von zumindest 100 Mio. Euro" zugefügt. Dass vorerst "nur" 5,4 Mio. eingeklagt sind, hat "prozessökonomische Gründe".

Der Kläger, der "exzessive Expansionsstrategie" anprangert, stützt sich im wesentlichen auf vier Punkte. Der komplexeste betrifft die "Ausschüttung der Sonderdividende" im Mai 1999, durch die ein Schaden von "zumindest 5,385 Mio. Euro entstand".

Dividende mit Folgen

Zur Erklärung: Im Rahmen des Libro-Erwerbs von UIAG, Rettberg, Knöbl und Co. schüttete das Unternehmen kurz vor dem Börsegang eine Sonderdividende von 440 Mio. Schilling an die Altaktionäre aus. Sie "war ausschließlich kreditfinanziert", habe Libro enorm belastet, der Aufsichtsrat sei nicht befasst worden. Zudem hätten "Fehlen eines internen Kontrollsystems und Risikomanagements" und "verspäteter" Insolvenzantrag je 100 Mio. Euro Schaden verursacht. All das sei Rettberg und Knöbl wegen "pflichtwidriger Amtsführung, Sorgfaltsverstößen und sorgfaltswidrigem Verhalten" anzulasten.

Anwalt Kresbach sieht das naturgemäß anders: "Rettberg hatte zig Berater und Banker. Es kann nicht sein, dass jetzt zwei armselige Beklagte übrig bleiben. Außerdem muss man Entscheidungen aus damaliger Sicht beurteilen."

Gegenstrategie

Seine Gegenstrategie: "Ich werde allen Involvierten den Streit verkünden, damit sie dem Verfahren beitreten können." Das dürfte unangenehm werden: Schließen die sich dem "verzwickten Monsterprozess" (Kresbach) nicht an, könnte sich Rettberg dereinst an ihnen schadlos halten.

Möglicherweise wird aber erst verhandelt, wenn es im Libro-Strafverfahren ein Urteil gibt. Derzeit laufen Voruntersuchungen wegen Gläubigerbenachteiligung; verdächtigt sind Rettberg, Knöbl, Altaktionäre, Banker, Aufsichtsräte, Wirtschaftsprüfer. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Offen auch, aus welcher Distanz Rettberg die Causa verfolgen wird. Er will erst auftauchen, wenn der Haftbefehl aufgehoben ist. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.7.2004)