Getragen von der hohen Dynamik der Weltwirtschaft könnte eine deutlicher Beschleunigung der Exportzunahme in Deutschland auch die Wachstumskräfte in Österreich stärker entfalten.

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Wien - Die Wachstumsaussichten für Österreichs Wirtschaft haben sich begünstigt durch die anziehenden Exporte gebessert. Der konjunkturelle Aufschwung sei zwar eher zögerlich, die Erholung sei aber sicherer geworden, sagte am Freitag Wifo-Vize-Chef Karl Aiginger bei der Präsentation der neuen Konjunkturprognose, bei der das Wifo seine Wachstumserwartung für heuer und 2005 um je 0,2 Prozentpunkte auf 1,7 bzw. 2,5 Prozent erhöht hat.

Das letzte Mal, bei der Frühjahrsprognose von Anfang April, habe man noch "Warnschilder" aufstellen müssen. Aber jetzt wisse man, dass der Sog der Weltwirtschaft stärker sei als die Bremsklötze durch den festen Euro und den hohen Ölpreis, so Aiginger. Die kurzfristige Sicht sei erfreulicher geworden: "Wir können diesen Sommer die Konjunktur-Sonne grüßen."

"Verhaltene Erholung"

Aiginger sprach von einer "verhaltenen Erholung", über die man nach vier Jahren Durststrecke froh sein könne. Und "wir sind zuversichtlich, dass das hält - zuversichtlicher als im April". Allerdings reiche diese Erholung nicht aus, um den Arbeitsmarkt zu beleben oder das Defizit im Staatshaushalt zu senken.

Der Arbeitsmarkt wird sich nur langsam, also erst 2005, erholen, sind sich Wifo und Institut für Höhere Studien (IHS) einig. Am Arbeitsmarkt werde zwar die Zahl der aktiv Beschäftigten heuer um 20.000 oder 0,6 Prozent und nächstes Jahr um 30.000 oder 0,9 Prozent zunehmen, dennoch werde die Arbeitslosigkeit in beiden Jahren bei etwa 240.000 Menschen verharren, so Aiginger. Grund ist das wachsende Arbeitskräfteangebot, da der Zustrom an ausländischen Arbeitskräften sehr hoch bleibt.

Arbeitslosenrate sinkt leicht

Die Arbeitslosenrate sieht das Wifo nach österreichischer Berechnung 2005 nur leicht von 7,1 auf 7,0 Prozent sinken, nach Eurostat-Berechnung von 4,5 auf 4,4 Prozent. Das IHS erwartet einen etwas deutlicheren Rückgang von 7,0 auf 6,8 Prozent bzw. ebenfalls von 4,5 auf 4,4 Prozent nach EU-Kriterien.

Das von der Regierung für heuer angepeilte Budgetdefizit von 1,1 Prozent des BIP werde nicht ganz zu halten sein, sagte IHS-Chef Bernhard Felderer, sondern um etwa 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte darüberliegen, "vielleicht bei 1,3 Prozent". Das Wifo rechnet heuer mit 1 1/4 Prozent Minus und für 2005 mit 1 3/4 Prozent. Für 2005 ist für Felderer noch "alles offen", da weder Klarheit über den Finanzausgleich herrsche noch ein Budgetentwurf für kommendes Jahr vorliege.

Weniger Steuereinnahmen

Grund für die Budget-Zielverfehlung in diesem Jahr seien die hinter den Erwartungen zurück gebliebenen Steuereinnahmen, vor allem der Umsatzsteuer, so Felderer. Dies wiederum sei eine Folge des schwachen Konsums. Der Aufschwung werde derzeit vor allem von den Exporten getragen, aber "leider nicht vom heimischen Konsum", so der IHS-Chef, der die Konjunktur-Risiken ebenso wie das Wifo jetzt insgesamt als geringer ansieht. Die Verbraucher seien nach wie vor zurückhaltend, wogegen sich die Ausfuhren sehr gut entwickeln würden und auch bei den Investitionen eine Verbesserung zu sehen sei.

Die bei den Verbrauchern von Unsicherheit, Vorsorge und Zurückhaltung geprägte Stimmung erstrecke sich über ganz Europa: "Der Konsument will offensichtlich noch nicht so richtig glauben, dass es aufwärts geht." Gerade der Konsum sei aber der entscheidende Punkt: "Wenn er nicht anspringt, ist die Prognose nicht zu halten." Das IHS hat seine Wachstumserwartung für 2004 und 2005 unverändert bei 2,1 bzw. 2,5 Prozent belassen.

Für das Wachstum der Löhne geht das Wifo im Hinblick auf die kommende Herbst-Lohnrunde vor dem Hintergrund der Inflation und der Produktivitätszuwächse von einem Plus "in der Gegend von drei Prozent" aus. Dies sei eine Annahme und dürfe nicht als eine Empfehlung angesehen werden, betonte Wifo-Experte Markus Marterbauer. Felderer nimmt einen Lohn-Anstieg von 3,1 Prozent an und verweist darauf, dass die heimischen Erfolge am Arbeitsmarkt sicher auf die in der Vergangenheit "vorsichtigen Lohnabschlüsse" zurückzuführen sind.

Eine EZB-Leitzinssenkung sieht der IHS-Chef nicht vor Anfang 2005.

Gute Weltkonjunktur wirkt in Österreich nur indirekt

Von der gut laufenden Weltkonjunktur - der globale Handel dürfte heuer um mehr als 8 Prozent wachsen - kann Österreich aus Sicht von Wifo und IHS nur zum Teil profitieren. Da Österreich primär mit der EU verflochten ist, schlage etwa die US-Konjunktur nur indirekt durch, wogegen Deutschland die globalen Impulse, auch aus Asien, stärker aufnehmen könne, sagte Wifo-Experte Markus Marterbauer.

Dass die deutsche Wirtschaft heuer mit 1,5 Prozent wachsen dürfte, statt früher angenommener 1 Prozent, kam für IHS-Chef Bernhard Felderer "überraschend". Mittlerweile seien die deutschen Exporteure begünstigt, da der Euro nicht mehr weiter aufgewertet habe, so IHS-Experte Marterbauer zur Erklärung. Deutschland hätte ohne seine schwache Baukonjunktur schon die vergangenen 10 Jahre gleich stark wie die Euro-Zone zulegen können.

CEE-Verflechtung wie zu Zeiten der Monarchie möglich

Osteuropa hat durch die EU-Erweiterung nach wie vor einen positiven Einfluss auf Österreich, wenngleich die Zeit der starken Exportzuwächse hier vorbei sei, sagte Wifo-Vize-Chef Karl Aiginger. Der Wachstumsschub für unser Land durch den CEE-Raum liege daher nur mehr im Bereich eines Zehntel Prozents. Felderer verwies auf die "glänzenden" Ost-Wachstumsraten; er traut Österreichs Wirtschaft zu, ihre CEE-Verflechtung von derzeit 20 Prozent wieder auf 27 Prozent wie in der Zeit der Monarchie anheben zu können.

Den Ölpreis sieht der IHS-Chef nicht als Gefahr für die Konjunktur an, "selbst wenn er auf 40 Dollar steigen sollte". Dass die Auswirkungen des Ölpreises auf die heimische Wirtschaft mittlerweile im Vergleich mit früheren Jahrzehnten so gering sind, sei auch durch den Strukturwandel bedingt, bei der der Dienstleistungssektor der Sachgüterproduktion längst den Rang abgelaufen habe, so Marterbauer und IHS-Experte Christian Helmenstein. Grundsätzlich sei aber der Rohstoffpreisanstieg ein Risiko, da "Europa noch nicht richtig in der Konjunktur drinnen ist", meinte Aiginger.

"Kein Bedarf für Arbeitszeitverlängerung"

Für eine Arbeitszeitverlängerung, wie sie derzeit aus der Wirtschaft immer wieder gefordert wird, sieht IHS-Chef Felderer keinen Bedarf. Mit einer vernünftigen Lohnpolitik könne dasselbe erreicht werden. Marterbauer wollte in die Diskussion am Freitag nicht einsteigen und verwies auf eine Stellungnahme des Wifo von dieser Woche. Wifo-Chef Helmut Kramer hatte dazu am Dienstag von den KV-Partnern "innovativere Arbeitszeitmodelle" eingefordert, aber eine generelle Lohnsenkungsstrategie als "aussichtslos" abgelehnt: Der Wettbewerb mit den Niedriglohn-Standorten in Osteuropa und Asien könne nicht über die Arbeitskosten geführt werden.

Eine Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich bedeute für die Beschäftigten eine Lohnkürzung pro gearbeiteter Stunde, die unter bestimmten Umständen sehr wohl einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit führen kann, hatte Kramer argumentiert: "In begründeten Einzelfällen ist eine Verlängerung der Arbeitszeit auf betrieblicher Ebene und temporär als vorläufige Lösung akuter Probleme nicht von vornherein abzulehnen." (APA)