Während im Gang vor dem Gemeinderatssaal bereits das Inventar der Stadtratbüros übersiedelt wurde, gab es drinnen noch wilde Schreiduelle zum "Pflegeskandal". Dann erst wurde der Stadtratswechsel vollzogen.
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Wien - Neue Köpfe - alte Themen. Musste die neue Integrationsstadträtin Sonja Wehsely bereits am Tag vor ihrer Angelobung zum Ausländerwahlrecht Stellung nehmen, das vom Verfassungsgericht aufgehoben worden war (DER STANDARD berichtete), so wurde am Tag der Wahl im Gemeinderat noch einmal das Lainz-Thema von der Opposition aufgekocht. Minutenlange Schreiduelle inklusive.

Der Untersuchungsausschuss über Pflegemängel im Lainzer Geriatriezentrum Am Wienerwald sei "abgewürgt worden", empörte sich VP-Klubobmann Matthias Tschirf, Und zwar von der "Sozialdemokratie mit ihrer gnadenlosen Mehrheit" (Günther Barnet, FP). Für die Grüne Sigrid Pilz "ein Lehrstück für Demokratie, wie die SPÖ sie versteht". "Es war Schluss mit Lustig", mutmaßte Wilfried Serles (FP), "weil die SPÖ feiern wollte. Auf der Donauinsel und hier im Gemeinderat die neuen Stadträte".

Als Christian Deutsch von der SPÖ beharrte, "alle Zeugen wurden befragt, alle Experten gehört" und als Siegi Lindenmayr (SP) erklärte, der Schlusstermin für die Kommission sei Mitte Mai einstimmig gefasst worden, wollte das Brüllen im Stadtparlament kein Ende mehr nehmen.

Weit kommoder machte sich der Gemeinderat dann ans Stadtrat-Wählen. Das war die Stunde vereinfachter Plakatsprache: "Wir werden ja sehen, was es in ein paar Jahren in der Lobau gibt: Bäume oder Autos", so die neue Grüne Klubchefin Maria Vassilakou in Richtung Ulli Sima.

Für andere war es der Moment für vorgefertigte Mutmaßungen, als etwa Heinz-Christian Strache den Grünen "das reinste koalitionäre Liebdienen" unterstellte.

"Segeln im Kreise"

Oder die Abgeordneten ergingen sich in bildungsbürgerlicher Plauderei - wie Johannes Hahn von der ÖVP: "Die SPÖ hat mir ihrem Chef die Via Dolorosa durchschritten, das Ergebnis ist bescheiden." Um dann noch Marie von Ebner-Eschenbach zu zitieren: ". . .wir segeln im Kreise."

Der überlangen Vorreden kurzer Wahl-Sinn: Ulli Sima wurde mit 55 Stimmen zur neuen Umweltstadträtin gewählt - die SPÖ hält 52 Mandate im Gemeinderat. Sonja Wehsely erhielt bei ihrer Wahl zur neuen Integrationsstadträtin sogar 61 Ja-Stimmen. Auf den Platz Wehselys zog Sybille Straubinger in den Gemeinderat ein.

Dann aber schon wieder Lainz: Renate Brauner, die am Donnerstag als Stadträtin vom Integrations- ins Gesundheitsressort wechselte, kündigte in einer Mitteilung an den Gemeinderat den Ausbau ambulanter Dienste an, damit "die Menschen möglichst lange bei sich Zuhause in Würde und Selbstbestimmtheit leben". Dafür sollen auch zusätzliche Einrichtungen geschaffen werden - für Kurzzeit- Übergangs- und semistationäre Pflege. (frei, DER STANDARD Printausgabe 2.7.2004 )