THOMAS DYBDAHL
. . . That Great October Sound
(Hoanzl)

Foto: Hoanzl
ST. THOMAS Let's Grow Together - The Comeback Of St. Thomas ( Hoanzl ) Der norwegische Eigenbrötler konnte auf seinen bisherigen Arbeiten mit der interessanten Neudeutung eines Neil Young überzeugen, der in den frühen 70er-Jahren sein Album Harvest auf einer Müllkippe einspielt und dazu jede Menge Spaß mit dort gefundenen Weinflaschen hat, in denen noch ein Lackerl zum Gustieren drin ist. Artifizieller Trümmerfolk mit Hang zu kollabierender Kopfstimme und patscherten Gitarrensoli. Seine neue Songsammlung wendet der notorische Vielarbeiter jetzt mehr in Richtung des großen US-Country-Folk-Spinners Will Oldham und arrangiert mit Akustikgitarre, Melodica und ein wenig Schlagzeug und Bass zweistimmige Gesänge Richtung Jonathan Richman und seiner berüchtigten kindischen Musik. Kindisch im besten Sinn. KINGS OF CONVENIENCE Riot On An Empty Street ( Source/EMI ) Norwegen die Zweite: Eirik Glambek Boe und Erlend Oye haben sich nach ihrem letzten Album Quiet Is The New Loud , das einer sanftmütigen wie unaufgeregten Folk-Pop-Mini-Bewegung kurzfristig ihren Namen gab, drei Jahre Zeit gelassen, um wieder Simon (Boe) & Garfunkel (Oye) aus der nördlichen Musikmetropole Bergen zu geben. Oye veröffentlichte dazwischen ein hervorragendes elektronisches Songwriteralbum ( Unrest ) und wurde in seiner neuen Heimat Berlin zum DJ-Star, der über Elektroniktracks gesanglich alte Kamellen des Eighties Pop charmant zum Besten gibt (siehe auch den aktuellen Live-Mitschnitt DJ-Kicks! ). Boe studierte Psychologie fertig und machte ein klinisches Praktikum. Das neue Album des Duos nimmt darauf keine Rücksicht und schließt nahtlos an Quiet Is The New Loud an. Der Neuigkeitswert ist also bis auf einige brasilianische Samba-Elemente weg, die hervorragende, präzise, melancholische Songarbeit bleibt. THOMAS DYBDAHL . . . That Great October Sound ( Hoanzl ) Norwegen die Dritte: St. Thomas hat seinen Neil Young studiert, die Kings Of Convenience Simon & Garfunkel - und der 26-jährige Thomas Dybdahl widmet sich auf seinem Debüt ebenfalls mindestens einem ganz Großen: Tim Buckley. Die hohe, drängende und intensive Kopfstimme des Mannes, der aussieht wie ein hühnerbrüstiger Luden-Darsteller im Villacher Fasching, wird recht hübsch und souverän ergänzt mit akustischen Arrangements zwischen Wimmerorgel, Lapsteel-gitarre, Geigen und obligatem Kontrabass wie Beserlschlagzeug. Im Vergleich zu Tim Buckley fällt die Musik aber konventionell aus. Steinalt klingt sie trotzdem. Kommen heute junge Menschen eigentlich schon als alternde, abgeklärte Songwriter auf die Welt, oder was ist los?! Hey, Leute, Nick Cave hat auch einmal als wildes Brülltier angefangen! PAUL ARMFIELD Songs Without Words ( Groove Attack ) Norwegen die Vierte: Das großartige Soloalbum von Sivert Höyem, dem Sänger der nachtschwarzen, melancholischen Rockband Madrugada, wird aus Platzgründen erst nächste Woche entsprechend ausführlich besprochen werden. Deshalb noch eine nachdrückliche Empfehlung für dieses vor einigen Monaten erschienene Album eines schon etwas älteren britischen Songwriters, der ebenfalls auf frühere Zeiten verweist. Wem der Name John Martyn noch etwas sagt ... (DER STANDARD, Printausgabe, 2.7.2004)