Dieter Böhmdorfer bleibt Abgeordneter. Das ist gut, denn manchmal spricht er brutal Wahrheiten aus (wie z.B. jetzt über das Klima in der ÖVP-FPÖ-Koalition). Weil er gelegentlich für einen "Sager" gut ist und im persönlichen Gespräch nicht unsympathisch wirkt, hatte er als abgehender Justizminister eine relativ gute Nachrede bei den Journalisten. Es wurde auch sein Gerechtigkeitssinn gelobt, mit dem er die famose Steueramnestie des famosen Karl- Heinz Grasser abwürgte.Leider muss spielverderberisch daran erinnert werden, dass Justizminister Böhmdorfer die Justiz massivst verpolitisiert hat. Er fand die Idee seines Freundes (inzwischen fast Exfreundes) Haider "verfolgenswert", unliebsame Politiker vor Gericht zu stellen; er versuchte, die Quellen investigativer Journalisten per Gesetz zuzuschütten; er hielt Haider in der Polizei-Spitzelaffäre für "über jeden Verdacht erhaben"; seine Staatsanwaltschaft administrierte diese Affäre weg; schließlich schwächte er die Rolle des unabhängigen Untersuchungsrichters im Strafverfahren zugunsten des weisungsgebundenen Staatsanwaltes. All das fällt unter "Verlotterung des Rechtsstaates" und relativiert Böhmdorfers Bilanz beträchtlich. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.6.2004)