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Antiretrovirale Medikamente zur HIV- und Aidsbehandlung.

Foto: reuters/ngwenya

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Grafik: apa/hirsch
Wien - Kommende Woche stellt das UN-Aids-Programm den neuen Bericht über die Weltlage in Sachen Immunschwächekrankheit vor. Krisenpunkte sind weiterhin das südliche Afrika und Asien, wo in Bangkok vom 11. bis 16. Juli die 15. Internationale Aids-Konferenz stattfindet.

Doch auch für Österreich kann keine Entwarnung gegeben werden. "Wir haben mit unseren Möglichkeiten zur Behandlung der HIV-Infektion die Gefahr 'aufs Eis' gelegt. Aber Aids ist da. Etwa 30 Prozent unserer neuen Patienten kommen zum ersten Mal erst dann zu uns, wenn sie bereits in einem bemitleidenswerten Zustand sind", so Armin Rieger, Leiter der zuständigen Abteilung an der Dermatologischen Universitätsklinik am Wiener AKH.

Todesrate sinkt dank antiretroviraler Behandlung

In Österreich sind bis zum 27. Mai dieses Jahres 2.329 Menschen an Aids erkrankt. 1.353 der Patienten sind der Krankheit erlegen. Der unerhörte Erfolg der modernen antiretroviralen Behandlung vor allem mit so genannten Protease- und Polymerase-Hemmern (neuerdings auch einem Mittel, das die Fusion der HI-Viren mit den Zielzellen verhindern kann): 1993 - am bisherigen Höhepunkt der Erkrankungszahlen in Österreich - musste die Diagnose Aids 236 Mal gestellt werden. 174 Patienten starben damals.

Seit der Einführung der neuen Therapie im Jahr 1995 sanken diese Zahlen dramatisch. Im Jahr 2003 gab es 48 Neuerkrankungen und zwölf Todesfälle. Im Jahr 2004 waren es bisher 18 Aids-Diagnosen und ein Todesfall.

Viele Patienten kommen zu spät

Freilich, HIV ist trotzdem existent. Nach der Infektion vergehen oft Jahre, bis es zu einer Diagnose kommt - in einem späten und bereits gefährlichen Stadium. Etwa ein Mal im Monat komme ein Patient, der schon Aids-krank sei oder weniger als 200 CD4-positive Zellen pro Milliliter Blut habe, erklärt Rieger. "Slim-Disease" und gar lebensbedrohliche opportunistische Infektionen sollten zumindest in Österreich als "Erstzeichen" längst der Vergangenheit angehören.

Das Problem, das aus der späten Diagnose von HIV-Infektionen ergibt, hat zwei Seiten: Wer nichts über seine Infektion weiß, wird womöglich weiterhin andere Menschen gefährden. Andererseits kann er in eine Situation geraten, in der eine Behandlung bereits sehr schwierig wird. Zudem gäbe es Krankheiten, wie etwa Tuberkulose, die mit den HIV-Medikamenten zu Verträglichkeitsproblemen führen können. Manche andere zusätzlich auftauchende Infektionserkrankungen sind nur sehr schwierig zu beherrschen, wenn das Immunsystem schon weitgehend geschädigt ist. Als erste Symptome gelten Gewichtsverlust mit unklarer Ursache, Lymphknotenschwellungen, Temperaturerhöhung am Abend, Nachtschweiß, weiße Beläge im Mund (Pilzinfektion).

Kombinationstherapie

Klar ist, dass im Fall eines bereits deutlich geschädigten Immunsystems durch eine HIV-Infektion eine möglichst optimal wirksame Therapie erfolgen sollte. Sie besteht aus einer Kombinationstherapie, die auf die Umstände des einzelnen Patienten ausgerichtet ist. Ziel ist es, die Zahl der HI-Viruskopien unter die Nachweisgrenze (weniger als 50 Viren pro Milliliter Blut) zu bringen und dort zu halten.

Zumeist wird eine Behandlung aus einem Protease-Hemmer und zwei HIV-Polymerase-Blockern eingesetzt. Bei HIV-Positiven ohne Symptome wird zumeist eine Therapie bei weniger als 350 bis 300 CD4-positiven Zellen pro Milliliter Blut überlegt. Normalerweise sind im Blut um die 1.000 dieser Zellen pro Kubikmillimeter vorhanden.

Frühzeitige Beeinflussung des Verlaufs

Es gibt offenbar auch noch eine andere Tendenz rund um HIV in Österreich. Immer wieder kommen Patienten zu den Aids-Spezialisten mit Symptomen des akuten retroviralen Syndroms. Kurze Zeit nach der Infektion treten dann zum Beispiel Hautausschläge, Lymphknotenschwellungen, Diarrhoe, Fieber etc. auf. Das kann auch noch in dem Zeitfenster sein, in dem im Blut noch keine Antikörper gegen HIV vorhanden sind. Lässt sich mittels Polymerase-Kettenreaktion, dem Nachweis von HIV-Erbsubstanz im Blut, eine HIV-Infektion nachweisen, wird zumindest ein halbes Jahr lang behandelt. "Damit will man den Verlauf der HIV-Infektion von Anfang an benefiziell beeinflussen", so Rieger. So eine Chance hat man nie mehr wieder.

Verbesserte Behandlungsmöglichkeiten

Insgesamt haben sich die Behandlungsmöglichkeiten bei einer HIV-Infektion in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Manche Betroffene leben seit fast zehn Jahren unter Therapie und spüren weder etwas von ihrer Erkrankung noch Nebenwirkungen. Die verschiedenen Medikamente können auch strategisch und langfristig so eingesetzt werden, dass eine möglichst geringe Gefahr einer Resistenzentwicklung entsteht. Bei Anzeichen einer solchen Tendenz muss das Behandlungsregime möglichst bald umgestellt werden. Wer allerdings erst bereits Aids-krank in Therapie kommt, hat für ein langfristig optimales Behandlungsschema möglicherweise bereits einige Chancen verspielt. (Apa)