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Familie Stronach.

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Premierminister Paul Martin feiert.

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Ottawa/Vancouver - Die seit 1993 regierende Liberale Partei Kanadas hat bei den Parlamentswahlen am Montag ihre absolute Mehrheit verloren. Mit 36,8 Prozent der Stimmen erhielten die Liberalen 135 von insgesamt 308 Parlamentsmandaten - 37 weniger als im Jahr 2000.

Herausforderer Stephen Harper (44) und seine Konservative Partei stellen 96 Abgeordnete mit 29,5 Prozent der Stimmen. Der amtierende Premier Paul Martin (66) erklärte in der Nacht zum Dienstag, die Wähler hätten den Liberalen die Botschaft übermittelt: "Als Regierung und als Partei müssen wir es besser machen." Er versprach den Kanadiern, die Verwendung von Steuergeldern besser zu überwachen.

Die von Korruptionsaffären gebeutelten Liberalen werden nun mithilfe einer anderen Partei regieren müssen. Aber der Wahlausgang war nicht so extrem wie allgemein erwartet. Offensichtlich war die Konservative Partei, die sich erst im vergangenen Dezember aus einer Fusion der rechts stehenden Kanadischen Allianz und der Progressiven Konservativen gebildet hatte, für weite Bevölkerungskreise ein zu großes Fragenzeichen. Die Sympathie des studierten Ökonomen Harper für den Nachbarn USA und sein Eintreten für eine Teilnahme Kanadas am Irakkrieg war vielen Bürgern suspekt. Sie fürchteten auch einen Sozialabbau durch die Konservativen, die massive Steuersenkungen und mehr Geld für die Armee versprachen.

Für die Konservativen zieht auch Belinda Stronach, Tochter von Magna-Chef Frank Stronach, ins Parlament ein. Sie schlug in ihrem Wahlkreis in der Provinz Ontario ihre liberale Kontrahentin Martha Hall Findlay knapp mit 42,4 gegen 41,1 Prozent.

Regierungschef Paul Martin wird nicht nur auf den massiven Wahlerfolg des Bloc Québecois (BC), eine in der frankophonen Provinz Québec starke, den Separatisten nahe stehende Partei, reagieren müssen. Der BC gewann 54 Mandate, 20 mehr als im November 2000. Der Premier braucht auch einen kompatiblen Koalitionspartner. Dafür kommt eigentlich nur die linke Neue Demokratische Partei (NDP) in Frage (19 Sitze). Aber die NDP-Führung unter Jack Layton steht nicht auf gutem Fuß mit Martin und wird es den Liberalen nicht leicht machen. (DER STANDARD, Printausgabe, 30.6.2004)