"Verloren im Irak / Gomgashtai dar Aragh" (Bahman Ghobadi)

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Von Beginn an ist der Lärm der Kampfjets zu hören, die über dem Land ihre Bomben abwerfen. Das wahre Ausmaß der Zerstörung, die sie in den kurdischen Dörfern im Nordirak anrichten, bekommt man jedoch erst später zu sehen.

Saddam geht gegen die eigene Bevölkerung vor, und der Flüchtlingsstrom bewegt sich Richtung iranische Grenze. Dort hört man zunächst nur von den Verfolgungen im Nachbarland, gegen das man soeben einen mehrjährigen Krieg geführt hat:

Verloren im Irak spielt gegen Ende der 80er-Jahre im iranisch-irakischen Grenzgebiet und erzählt von der Reise eines alten Mannes, den ein Hilferuf seiner Frau ereilt, die ihn vor mehr als zwanzig Jahren Richtung Irak verlassen hat. Mit seinen beiden erwachsenen Söhnen, wie er selbst Musiker, bricht er auf zu einer Suche in ein von Leid und Giftgasgranaten erschüttertes Land. Der leichte Tonfall, der die Reise zu Beginn noch kennzeichnet, wird dabei wie die Landschaft selbst zusehends härter. Für die anfängliche Situationskomik und Skurrilität ist bald kein Platz mehr, die ersten überfüllten Flüchtlingslager deuten auf die schrecklichen Ereignisse hin. Und je näher man der Gesuchten kommt, desto schwieriger scheint es, sie tatsächlich zu finden.

Nach Die Zeit der trunkenen Pferde wirft Bahman Ghobadi, selbst aus dem kurdischen Teil des Iran stammend, einen weiteren Blick auf das Leiden des Volkes, das auch heute, nach Saddam, noch nicht zu Ende ist. Und wie die Geschichte vom Überlebenskampf des mutigen kurdischen Jungen endet auch Verloren im Irak mit dem Bild eines mit Stacheldraht versperrten, schneebedeckten Passes. Ein letztes Bild voller Tragik – und leiser Hoffnung. (DER STANDARD, Printausgabe, Beilage Sommerkino 2004, 1.7.2004)