Washington - Die Zinserhöhung der US-Notenbank (Fed) ist nach einhelliger Meinung der Fed-Beobachter in Washington so sicher wie das Amen im Gebet. "Es ist ja fast, als hätte Notenbank-Chef Alan Greenspan eine Anzeige im Wall Street Journal geschaltet", meinte ein Radiokommentator.

In der Tat lässt der 78-Jährige seit langem keine Gelegenheit aus, die Märkte auf das Unumgängliche vorzubereiten. Die Tage eines Leitzinsniveaus von 1,0 Prozent sind gezählt. Seine Entscheidung gibt der Fed-Offenmarktausschuss an diesem Mittwoch um 20.15 Uhr MESZ bekannt. "Die Zinsen gehen hoch", um einen Viertelprozentpunkt, sagte der ehemalige Zentralbank-Gouverneur Laurence Meyer in einem Interview mit der Wirtschaftsagentur Bloomberg voraus. "Das ist wahrscheinlich die am deutlichsten öffentlich vorbereitete Entscheidung in der Geschichte der Zentralbank." Es wäre die erste Zinserhöhung in Präsident George W. Bushs Amtszeit und für diesen unangenehm.

Strategie der Offenheit

Doch Greenspan muss die Preisentwicklung im Auge behalten. Die Verbraucherpreise stiegen im Mai so stark wie seit mehr als drei Jahren nicht mehr und lagen saisonbereinigt 0,6 Prozent höher als im April. Greenspan, der von Bush für eine neue Amtszeit nominiert und gerade vom Senat bestätigt wurde, bereitet die geordnete Zinserhöhung deshalb seit Monaten systematisch vor. Die Zeiten der überraschenden Zinsbewegungen sind vorbei. Die Notenbank fährt seit geraumer Zeit eine neue Strategie der Offenheit. Nach den jüngsten Zinssitzungen machte sie ihre Absicht für künftige Entscheidungen immer schon ziemlich klar. "In gemessenen Schritten" würden die Zinsen erhöht, hieß es etwa, Code für 0,25-Prozent-Zinsschritte, sagen Fed-Kenner. Die US-Leitzinsen liegen seit Juni vergangenen Jahres bei 1,0 Prozent, so niedrig wie seit mehr als 40 Jahren nicht mehr. 13-mal hatte Greenspan die Zinsschraube gelockert, seit im Jahr 2000 die Technologieblase platzte und der Aufschwung zu einem jähen Ende kam. In der Eurozone sollten die Zinsen hingegen noch länger auf zwei Prozent bleiben. (dpa, red)