Berlin – Der deutsche Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement verbindet sein Schicksal mit der Arbeitsmarktreform. Falls der nächste Reformschritt, die Zusammenlegung von Arbeitslosen-und Sozialhilfe – Hartz IV genannt – nicht umgesetzt wird, will Clement zurücktreten. "Wenn es scheitert, bin ich gescheitert", sagte der SPD-Politiker in einem TV-Interview. "Es ist völlig klar: Wenn es nicht gelingt, muss man Konsequenzen ziehen, und das würde ich auch sofort tun", so Clement auf die Frage nach seiner politischen Zukunft bei einem Scheitern von Hartz IV. "Ich bin ins Gelingen verliebt, nicht ins Verlieren."

Weniger als 350 Euro

Insbesondere SPD-Linke sind gegen das Projekt. Etwa 2,7 Millionen bisherige Empfänger von Arbeitslosenhilfe und erwerbsfähige Bezieher von Sozialhilfe sollen ab 1. Jänner 2005 monatlich 345 Euro im Westen und 331 Euro im Osten auf Höhe der Sozialhilfe erhalten, was deutlich weniger ist als die Arbeitslosenhilfe. Auch die Bundesanstalt für Arbeit ist sehr skeptisch, ob sie die EDV-Umstellung zeitgerecht hinbekommt.

Unterdessen nimmt auch der Streit zwischen den Gewerkschaften und der rot-grünen Regierung über den Reformkurs an Schärfe zu. "Die Reformpolitik der Regierung ist auf ganzer Linie fehlgeschlagen", sagte der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt, Klaus Wiesehügel, am Montag. "Wer die Steuern senkt und gleichzeitig bei Schwachen und Sozialleistungen kürzt, kann keine Zustimmung von uns erwarten."

Gewerkschaft kritisiert Schröder

Ähnlich hatte sich zuvor der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, geäußert: "Gemessen an seinem Anspruch, Beschäftigung zu schaffen, die Arbeitslosigkeit zu senken und die Konjunktur in Schwung zu bringen, ist Gerhard Schröder bisher gescheitert."

Kanzler Schröder gab seinerseits den Gewerkschaftsbossen den Rat: "Liebe Leute, orientiert euch an der Leitlinie: Was ist wirklich gut für Arbeitnehmer." Grünen-Chef Reinhard Bütikofer warf dem Verdi-Vorsitzenden vor, "den Mund zu voll genommen" zu haben. (DER STANDARD Printausgabe 29.06.2004)