"Life Show"

Foto: Filmcasino
Eine einsame Heldin, die sich in der Großstadt Chongqing den Schwierigkeiten des Alltags stellt, drei Frauen aus der südchinesischen Region Zhuji, die, jede auf ihre Art, von einem besseren Leben träumen: verschiedene Orte, Realitäten und doch dieselben Wünsche.

Die introvertierte Lai (Tao Hong) verkauft nachts auf dem Markt Entenhälse, bei Tag sorgt sie sich um ihren kleinen Neffen, unterstützt ihren drogensüchtigen Bruder im Gefängnis und kämpft um den alten Familienbesitz. Life Show von Huo Jianqi zeichnet also ein Frauenporträt und skizziert eine Bestandsaufnahme des Alltags im China der anonymen Boomtowns.

Die unaufhaltsame urbane Entwicklung fordert ihren Tribut: Der Markt soll einem neuen Gebäudekomplex weichen, die Lebensbasis vieler zerstört werden. Doch Life Show lässt sich nicht nur auf den rapiden wirtschaftlichen Wandel Chinas hin lesen und auf die damit einhergehenden gesellschaftlichen Entwicklungen, sondern auch als Lebensgeschichte einer Frau in ständiger Vorwärtsbewegung.

Auf der Suche ...

Wo bei Huo Jianqi der urbane Alltagskampf dominiert, verankert Eyes of Beauty von Guan Hu das Schicksal dreier Frauen unterschiedlichen Alters indirekt in der Historie des Landes: Rund um die Eröffnung einer Gedenkstätte verknüpfen sich lose die Wege dreier Protagonistinnen, die alle mit dem Ort ihrer Herkunft verbunden sind, ein besseres Leben suchen und Selbsterkenntnis finden. Die Jüngste träumt davon, mit ihrem Freund nach Schanghai zu ziehen; eine Lehrerin in den 30ern wird durch die Begegnung mit einem Studenten dazu angehalten, ihre anstehende Heirat zu überdenken; eine alternde Opernsängerin muss sich mit dem nahen Ende ihrer Karriere auseinander setzen – und quasi stellvertretend für die anderen beiden mit in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen.

Das Prinzip der narrativen Verschachtelung ergibt in Eyes of Beauty also ausnahmsweise durchaus Sinn: Verschiedene Lebensmodelle und -wege haben nämlich oft mehr gemeinsam, als man annehmen möchte, und der Pfad in die Zukunft teilt sich mit jeder getroffenen Entscheidung unwiderruflich aufs Neue.

... nach neuen Wegen

Chinas Filmindustrie ist – wie die meisten Produktionszweige des Landes – seit einigen Jahren einschneidenden Veränderungen unterworfen, deren Auswirkungen kaum abzusehen sind. Während einerseits US-Majors zunehmend Fuß fassen und westliches Geld in Produktion und Verwertung fließt, halten sich die Besucherzahlen – von wenigen Ausnahmen und Erfolgen wie Zhang Yimous Hero abgesehen – in Grenzen.

Der Grund dafür wird vielerorts im fluktuierenden Schwarzmarkt ausgemacht – eine Situation, die der Filmwirtschaft gehörig zu schaffen macht. Und obwohl durch die Lockerung der Zensurbestimmungen unabhängige Produktionen Auftrieb bekamen, gelangen nach wie vor viele Filme überhaupt nicht ins Kino.

So manche der dreizehn Arbeiten der Filmreihe, die ausschließlich österreichische Erstaufführungen umfasst, spiegelt somit auch die Situation des Landes wider: Es ist schwierig vorauszusagen, wohin die Reise gehen wird. (DER STANDARD, Printausgabe, Beilage Sommerkino 2004, 1.7.2004)