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Der ewige Kompromisskandidat: Portugals Ministerpräsident Jose Manuel Durao Barroso.

Foto: APA/EPA/BENOIT DOPPAGNE
Nur der Opa hat es gleich gewusst. "Der wird Premierminister von Portugal", prophezeite er seiner Tochter, als sie 1956 José Manuel Durao Barroso gebar. Die anderen waren sich über Barrosos Qualitäten weniger sicher: "Dieser Mann wird nie Premier", höhnten Portugals Medien noch 1999. Drei Jahre später war Barroso Premier. Und jetzt klettert er sogar auf den Chefsessel und folgt Romano Prodi als EU-Kommissionspräsident.

"Ich bin kein Revolutionär. Ich bin ein Reformer, ein Mann der Mitte", sagt Barroso über sich. Andere nennen die Hauptmerkmale seiner Politik weniger gnädig uncharismatisch und profillos. Auch mit europäischen Visionen ist Barroso bisher nie aufgefallen - was ihm den taktischen Vorteil verschaffte, sich auch keine Feinde unter den Mächtigen Europas zugezogen zu haben. So blieb er nach den Blockaden gegen profilierte Kandidaten wie Guy Verhofstadt und Chris Patten als Kompromissmann übrig, gegen den niemand ein Veto einlegte.

Machtvakuum ausgenützt

Schon bei seinem Weg an die Spitze der portugiesischen Konservativen (PSD) hat Barroso geschickt ein Machtvakuum ausgenützt. Nach dem Ausscheiden des "Übervaters" Anibal Cavaco Silva und dem harten Fall auf die Oppositionsbänke suchte die PSD im Jahr 1999 einen Übergangskandidaten. Barroso war zur Stelle. Und schaffte es 2002, trotz aller Unkenrufe über ihn als "ewigen zweiten Mann", die Sozialisten bei der Wahl knapp zu besiegen und durch eine Koalition mit der Rechten Ministerpräsident zu werden.

Die Beliebtheit des dreifachen Vaters in Portugal ist seither nicht gestiegen: Sein harter Spar- und Privatisierungskurs wurde bei den Europawahlen im Juni deutlich abgestraft. In Brüssel hingegen wird das Wirtschaftsprogramm des 48-Jährigen hingegen mit Wohlwollen betrachtet - wie auch seine akademische und politische Karriere: Der studierte Anwalt spricht fließend Englisch, Französisch und Spanisch, ein Nebenprodukt seiner Uni-Lehraufträge in den USA und in der Schweiz. Auch Verhandlungsfähigkeit hat Barroso bewiesen, als er als junger Außenminister in Silvas Regierung 1990 ein Friedensabkommen im Bürgerkriegsland Angola erzielte.

Fast gestolpert

Die Außenpolitik war es allerdings auch, über die Barroso auf dem Weg zur Kür als Kommissionspräsident fast gestolpert wäre: Der USA-Freund hatte am Azoren-Gipfel den Irakkrieg unterstützt, was ihm Kriegsgegner wie Spanien lange verübelten. Nun will Spanien Barrosos Wahl nicht im Wege stehen.

Barroso selbst hat einen langen politischen Weg zurückgelegt: Zur Zeit der Diktatur war er Maoist und Stalin-Verehrer, mit der Nelkenrevolution machte er sich ab 1976 auf den Marsch von links nach rechts. Ein Marsch, der ihn schließlich auf den EU-Chefsessel führte. (DER STANDARD, Printausgabe 28.6.2004)