München/Bayreuth - Für Bayreuth-Debütant Christoph
Schlingensief steht in Richard Wagners "Parsifal" die Erlösung im
Zentrum der Oper. "Das Erlösungsbedürfnis ist Todessehnsucht,
letztlich bei allen Figuren", sagte Schlingensief in einem Gespräch
mit dem Musikkritiker Joachim Kaiser in der "Süddeutschen Zeitung"
(Freitagausgabe). Festspielchef Wolfgang Wagner hatte den opern-
unerfahrenen Künstler überraschend als Regisseur engagiert. Mit
Schlingensiefs "Parsifal"-Neuinszenierung werden am 25. Juli die 93.
Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth eröffnet.
"Erlösung dem Erlöser" signalisiere auch bei Parsifal das schwer
erkämpfte Einverständnis mit dem eigenen Verschwinden. "Das heißt
Abschied von der Welt und Abschied von der Kunst und Abschied von
sich selbst." Erlösung sei nur im Tod, betonte Schlingensief. "Für
mich ist Wagners 'Parsifal' auch eine ganz profane Totenweihe",
betonte der Filmemacher und Theaterprovokateur. Er sei ein großer Fan
des Voodoo, weil Voodoo auf zerstörter Religion basiere, und das sei
auch "Parsifal". Da sei ein zerstörter Verein unterwegs. "Es geht
hier um das Zusammentreffen von unterschiedlichsten
Überlebensstrategien in der letzten Minute eines Einzelnen."
Schlingensief hatte das Gespräch mit dem bekannten Kritiker auf
der Rückreise von Namibia bei einem kurzen München-Stopp geführt. An
der Küste des südafrikanischen Landes hatte er nach eigenen Angaben
100.000 Robben mit Wagner-Musik beschallt und erlebt, dass die
Geschlechter unterschiedlich reagieren. "Die Damen haben alle so
geguckt, und die Männchen haben laut geschrien." Für ihn sei das
metaphysische Element wichtig, das er im "Parsifal" bekomme durch das
mehrmalige Hören und Studieren der Partitur, "auch durch das
ahnungslose Rangehen, das ist doch die Tür, die ich brauche".
Schlingensief: "Ich bin eigentlich ein metaphysisch obdachloser
Metaphysiker."(APA/dpa)