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Russische Truppen suchen in Tschetschenien nach den Verantwortlichen für den Überfall in Inguschetien.

Foto: REUTERS/Sergei Karpukhin
Nasran/Straßburg - Der Angriffen von Rebellen in Inguschetien sind nach Angaben vom Mittwoch beinahe hundert Menschen zum Opfer gefallen. Die Behörden der Kaukasusrepublik gaben die Zahl der bestätigten Todesfälle mit mindestens 95 an. Die Mehrzahl der Opfer habe den Sicherheitskräften angehört, doch seien auch mehrere Dutzend Zivilisten bei der Angriffserie in der Nacht zu Dienstag getötet worden. Amnesty international (ai) warf der russischen Armee und den Rebellen in Tschetschenien vor, massiv die Menschenrechte zu verletzen. "Extralegale Hinrichtungen, willkürliche Verhaftungen, Folter und Misshandlungen" seien dort "trauriger Alltag", kritisierte die Menschenrechtsvereinigung in Berlin.

Dutzende Menschen lägen noch verletzt in Hospitalen, teilten die Behörden weiter mit. Auf der Jagd nach den Tätern und Hintermännern seien fünf Verdächtige festgenommen worden, sagte der inguschetische Interims-Innenminister Beslan Chamchojew. Drei von ihnen hätten "angefangen, zu sprechen".

Menschenrechtsverletzungen nehmen zu

Laut ai nehmen die von russischen Soldaten und tschetschenischen Kämpfern begangenen Menschenrechtsverletzungen nun auch in der Nachbarrepublik Inguschetien zu; es müsse eine Ausweitung des Tschetschenien-Konflikts befürchtet werden. Von der von Moskau und pro-russischen Tschetschenen verkündeten "Normalisierung" der Lage in Tschetschenien könne keine Rede sein.

Bei einer Anhörung im Straßburger Europarat zur Lage in Tschetschenien und Inguschetien prangerten Mitarbeiter von ai besonders das Klima der Straffreiheit an. "Die Leute gestehen offen, dass sie Verbrechen begangen haben", schilderte die Russland-Expertin bei der französischen Sektion von ai, Anne Nerdrun. "Sie sagen zu den Dorfbewohnern: Wir haben Ihren Sohn entführt und getötet, aber wir werden nicht bestraft". Diese Situation sei "absolut schrecklich."

In Sibirien nahm die russische Polizei unterdessen zehn Islamisten fest, die Anschläge geplant haben sollen. Die Mitglieder der in Russland verbotenen islamistischen Gruppe Hizb ut Tahrir ("Partei der Befreiung") seien in der sibirischen Region Tjumen gefasst worden, meldete die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Den Verdächtigen werde die Verbreitung von ethnisch und religiös motiviertem Hass und "Terrorismus" vorgeworfen. Sie sollen zudem versucht haben, sich illegal Waffen zu beschaffen. Das Oberste Gericht in Moskau hatte die Hizb ut Tahrir im vergangenen Jahr als Terrororganisation eingestuft und verboten. In den meisten westlichen Ländern ist die Gruppe, die sich für die Wiedererrichtung des Kalifats einsetzt, dagegen erlaubt. (APA)