"Ever been to Paris?", fragt die amerikanische Künstlerin Evi und schaut dabei eine Spur zu dominant.

Foto: Evi Quaid / MAK

"My Grandfather Made Bricks", 2003

Foto: Evi Quaid / MAK
Wien - "Ich finde", sagt Evi, "Aktfotos akzentuieren die Brust, die weicheren, sanfteren Elemente. Für mich ist die Penetration das Wichtigste am weiblichen Körper. Was ich eigentlich zu sagen versucht habe, ist, dass die Penetration das ist, worauf es ankommt; alles andere ist Blödsinn. Wohin führt denn alles andere? Es führt dahin!"

Und Pop-Art-Veteran Ed Ruscha sagt: "Ich ging zu ihrer Ausstellung in Hollywood, und dort sah ich Evi Daumen lutschen! In dem Moment wusste ich, dass die Welt genau richtig ist." Der jüngst verstorbene Helmut Newton fand Evis Fotoarbeiten "eine tolle Sache." Und hat daraus spontan die Konsequenz gezogen: "Ich habe sie dazu beglückwünscht." Und 1989 heiratete Evi den Schauspieler Randy Quaid. Und 1998 spielten in The Deptors, ihrem Debüt als Regisseurin, nebst Ehemann auch Michael Caine und Catherin McCormack. Evi ist gut sozialisiert in Hollywood.

Während der Arbeit mit Helmut Newton begann das Modell Evi damit, die Situation zu verkehren: Sie wählte Styling und Pose, kleidete sich als Polizistin und begann damit, ihr Geschlecht als Offensivwaffe zu präsentieren. Helmut Newton, degradiert zum Handwerker, soll es zunächst unglaublich gegraust haben. Wohl kaum vor dem Sujet "rabiater Unten-ohne-Officer" mit mächtigem Schlagstock als vielmehr vor deren gänzlich unamerikanisch vegetativ üppigen Geschlechtsbewaldung. Das erkennend, fuhr Evi fort, in verschiedenen Rollen ihre Möse "erigiert" zu präsentieren - groß und mächtig.

Die computerbearbeiteten Polaroids der Schau Evi Untitled in der MAK-Galerie zeigen einen reiferen gepiercten blonden Engel mit Pelzchen ohne sonst was, dezent gespreizt am Badewannenrand oder netzbestrumpft im sichterleichternden Hocken. An sich ein klassischer, ein idealer Bildtypus, scharf, gut ausgeleuchtet und dennoch vulgär genug, die provozierte Fantasie mit der imaginierten eigenen Tat in Verbindung zu bringen. Für amerikanische Verhältnisse ein technisch avancierter Amateurporno.

Bloß dass die einen so anschaut. Das lenkt echt ab. Da sitzt die so schön freizügig da, und man könnte trotzdem jederzeit die Frage nach ihrer Augenfarbe beantworten. Die tut bloß so verfügbar. Und eh man sich versieht, verfügt die womöglich noch über einen selbst, fällt her.

"I'm ready, here's every-thing!", sagt die, und so etwas kann einem unglaublich fällend aufs Gemächt gehen. Zumindest wenn man Amerikaner ist und gewohnt, dass das Oberhalb der Gürtellinie in Implantatgebirgen endet. Aber nein, die sitzt einfach da und hält ihre Möse fest wie unsereins seinen Schwanz. Zuerst macht sie einem den ganzen Jagdtrieb kaputt mit ihrem bohrenden Geschaue, und dann verweigert sie auch noch die gehörige Distanz.

Ein bisschen wirkt das alles so, als wäre Annie Sprinkle jemals hübsch gewesen, anstatt dauernd zu quatschen. Und ein bisschen wirkt das lustbetonte Fem-Dom-Schema, losgelöst vom kalifornischen Umfeld, in dem es als "radikal gesellschaftskritisch" sicher Platz findet, hierzulande seiner Zeit hintan. Weil: Hier wird weniger infrage gestellt als affirmiert. Ein österreichisches Wochenmagazin präsentiert Evi als "Scharfe MAK-Pics" auf den Erotikseiten seines Internetauftritts. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.6.2004)