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Bill Clinton hat mit seiner seiner Vita "My Life" bereits jetzt schon zehn Millionen Vorschuss kassiert, die er angeblich vor allem zur Abdeckung von Schulden noch aus seiner aktiven Präsidentenzeit verwenden will.

Foto: Archiv
Hans-Peter Martin ("Globalisierungfalle" etc.) mag ja ein begnadeter Vermarkter seiner Sachbücher sein, aber von Bill Clinton könnte er sich noch mehrere Scheiben abschneiden. Von zwei Millionen Vorbestellungen (!) seiner Vita "My Life" ist die Rede, die Startauflage soll 1,5 Millionen betragen, und noch bevor es erschienen ist, steht das Buch ob der Vorbestellungen schon auf Platz eins der Bestsellerliste von Amazon.com - exorbitantes Interesse also an dem 957-Seiten-Opus, das einem Kritiker der New York Times als "schludrig, voller Selbstnachgiebigkeit und oft atemberaubend öde" erschien.

Wenn es also kaum die literarischen Qualitäten des Werkes sein dürften, die das Leserinteresse anstacheln, so ist es - Sex sells! - natürlich der Promi- und Lewinsky-Faktor, der schon die Memoiren von Clintons Gattin Hillary zum Bestseller machte. "Living History" wurde binnen eines Monats eine Million Mal, insgesamt 1,7 Millionen Mal verkauft, im April kam die Taschenbuchausgabe mit einer Startauflage von 500.000 auf den Markt. Während Hillary 8,1 Millionen Dollar Vorschuss bekam, schlagen Bills Enthüllungen noch höher zu Buche: Der hat jetzt schon zehn Millionen kassiert, die er angeblich vor allem zur Abdeckung von Schulden noch aus seiner aktiven Präsidentenzeit verwenden will.

Die Marketingabteilung von Clintons Verleger Alfred Knopf hat der Versuchung widerstanden, Teile des Buches einem US-Medium zum Vorabdruck zu verkaufen, was 500.000 Dollar und mehr gebracht hätte. Die zentral gesteuerte Marketingkampagne operiert vielmehr mit einer sorgfältig choreografierten Abfolge von Medienauftritten Clintons, für die am gestrigen Sonntag auf CBS der Startschuss fiel. Knopf-Chef Sonny Mehta muss angesichts des Zehn-Millionen-Vorschusses auch jedes Interesse daran haben, dass die Kampagne einschlägt. Auch die Biografien von populären Präsidenten sind schon wie Blei in den Regalen gelegen. So erinnert man sich beim Verlag Simon and Schuster noch höchst ungern an die 8,5 Millionen Dollar Vorschuss, die man in den 80er-Jahren an Ronald Reagan für eine Bio gezahlt hatte, vor der dann gerade einmal 20.000 Stück verkauft wurden.

Da bleibt denn nur zu hoffen, dass Knopf nicht aus Nervosität zu unseriösen Marketingtricks greifen wird, wie dies die TV-Satiriker von "National Lampoon" mutmaßen. Die wollen nämlich enthüllt haben, dass Knopf das Buch mit einem verborgenen Papierpenis auf den Markt bringen werde, der dem Leser exakt dort entgegenpoppt, wo es an die Schilderung der Lewinsky-Affäre geht. (DER STANDARD, Printausgabe, 21.6.2004)