Das war die Kernaussage des vom Wiener Personalberater Othmar Hill in Riga moderierten Roundtable-Gesprächs. Die österreichische Community in Riga ist nicht gerade groß, erzählt Botschafter Wolfgang Jilly dem KARRIEREN- STANDARD. "Wir sind erst 35, aber seit Lettland der EU beigetreten ist, steigt das Interesse der heimischen Betriebe, hier etwas aufzubauen." Bald könnten schon mehr Expatriates in Riga arbeiten, meint Botschafter Jilly.

Einer, der es schon seit 1997 tut, ist der Direktor von Rigas Fünfsternehotel Grand Palace, Bernhard Löw. Er hat nach Stationen im Hotel Imperial und in diversen Hotelketten zwischen den USA und Moskau die Leitung von drei Hotels in Lettland und Estland übernommen.

Was er Österreichern rät, die in Lettland Fuß fassen wollen? "Sie müssen Fingerspitzengefühl beweisen. Mit Englisch und Russisch kommen sie durch." Wer seinen Einstieg schaffen will - ob als Geschäftsmann oder als Manager -, muss sich auf die Bevölkerung einstellen. Sie hat spät - 1991 - den Kampf um ihre Unabhängigkeit gegen Russland gewonnen. Die Löhne in Lettland sind im Verhältnis zu Österreich niedrig. So verdient ein Arzt ebenso viel wie ein Lehrer, nämlich im Schnitt 200 Euro brutto. Spitzenmanager können ein Vielfaches davon, bis zu 10.000 Euro monatlich, verdienen. Es gibt außerdem gute Jobchancen in Niederlassungen renommierter Konzerne, wie Micro- soft, Hewlett-Packard, Kodak, Ericsson oder Mercedes, im Zentrum von Riga.

Gints Vilgerts, Partner der Anwaltskanzlei Sorainen Law Offices, bezahlt den lettischen Sekretärinnen sogar 300 Euro: "Wir wollen mit besseren Gehältern den Fleißigen Mut machen." Péteris Matisons, CEO des IT-Spezialisten Hermitage Technologies, sucht vor allem flexible Techniker und Verkäufer: "Wir verzeichnen ein 30-prozentiges Wachstum - und das bei einer Konkurrenz zu 600 IT-Firmen allein in Riga." Der Slowene Milan Visinski arbeitet seit vier Jahren in Riga als Business Development Manager beim IT-Konzern S&T-Solutions. Er sucht vor allem kundenorientierte Mitarbeiter: "Riga ist ein Markt mit Power - wir müssen im Sales-Bereich mehr Fokus auf den Kunden legen."

Die Lettin Inta Saprovska, Country Manager der Berlin Chemie Menari Group, hat vor einigen Jahren in Österreich gearbeitet. Was sie davon mitbrachte? "Seit meiner Rückkehr machen wir jährlich Gehaltsvergleiche, setzen sehr viel auf Weiterbildung und Sprachen." Andris Birzgalis - er spricht perfekt Deutsch - ist Geschäftsstellenleiter von Plasser & Theurer in Lettland, Estland und Litauen: "Wenn ein Produkt gut ist, dann findet es in unseren Märkten schnell Anklang."

Oleg Pavlov und Dainia Ozolina von Hill International Latvia sind zuversichtlich, dass die Letten die Marktchancen der EU ergreifen und sich auch österreichische Betriebe in Riga niederlassen werden, und meinen: "Wer hier reüssiert, schafft es auch später in Russland."

Lilita Birzgale, die das Büro der Wirtschaftskammer Österreich in Riga leitet, bringt es auf den Punkt: "Die Österreicher sollen zu uns kommen und sich trauen, mit uns Geschäfte zu machen. Barrieren darf es in der EU keine geben." (Der Standard, Printausgabe 5./6.6.2004)