Illustration: Der STANDARD
Wenn Georg Gottlob über Grundsätzliches, etwa die Logik spricht, so ist er ruhig und bedacht. Geht es jedoch um sein Fach, die Informatik, dann sprudelt es aus ihm heraus. Er unterbricht sich dann nur gelegentlich mit einem "o.k.?", um kurz zu checken, ob Laien noch folgen können. Sie können. Der Mathematiker, der schon im Alter von 31 Jahren zum Leiter des Instituts für Informationssysteme der Technischen Universität (TU) Wien berufen wurde, kennt sein Fach und kann es auch vermitteln. Der heute 47-jährige Wiener ist neues Mitglied der Akademie der Wissenschaften, als Einziger in der naturwissenschaftlichen Klasse.

"Die Informatik", fasst er zusammen, "ist eine Fortführung der Logik mit anderen Mitteln." Insbesondere ist hier die Logik des Wiener Kreises gemeint. Gottlobs Gebiet ist die formal logische Darstellung von Wissen. Sein jüngstes Kind ist eine neue Methode, um Wissen aus dem Web zu extrahieren. "Das Problem am Internet ist, dass die Programmiersprache HTML sich auf die grafische Oberfläche bezieht, die nur dem menschlichen Verständnis entgegenkommt. Der Computer selbst kann bei HTML aber die Bedeutung der Dinge nicht erkennen." Er wisse etwa nicht, was "Preisliste" bedeutet, wenn das menschliche Auge eine solche auf der Oberfläche identifiziert. Suchmaschinen können daher nicht selbständig nach bestimmten Bedeutungen, sondern nur "relativ holprig" nach Stichworten suchen, sagt Gottlob. Informatiker arbeiten an einem neuen, semantischen Internet mit der Programmiersprache XML, die Computer Bedeutungen selbst zuordnen lässt. In 15 Jahren würde dem Computer nur noch gesagt werden müssen, was er suchen muss, nicht aber wie, erklärt es Gottlob. Das Vorreiter-Tool, mit dem ein ähnlicher Effekt in HTML erzielt werden kann, hat Gottlob entwickelt: ein Suchwerkzeug, dem Bedeutungen je nach Website vermittelt werden können.

Ein einfaches System? Nicht ganz. Dahinter stecke ein ganzer Bulk an Logik-Theorie, sagt Gottlob, und legt ein Papier vom Ausmaß einer Magisterarbeit auf den Tisch. Der Wittgenstein-Preisträger hat Mathematik "schon in der Volksschule geliebt. Allerdings fiel es mir leicht", gibt er zu. Seine Eltern, Ärzte, hätten wohl gern gehabt, dass er Medizin studiere, "aber das wollte ich mir nicht antun." Mit einem Schmunzeln fügt er an: "Ich habe Mathematik auch aus Faulheit studiert."

Bei einer 70-Stunden-Woche kann heute von "Faulheit" keine Rede sein. Die Zeit zum Nachdenken findet er "dazwischen: Ich schalte manchmal ab. Dann höre ich nichts mehr. Ich höre nichts, wenn ich denke. Meine Frau ärgert das manchmal." Dem Vater zweier Kinder fällt das am leichtesten beim Schwimmen und beim Spazierengehen. Derzeit arbeitet er an einem weiteren Projekt, in dem erörtert werden soll, wie man Probleme strukturell vereinfachen kann, indem man sie in Sub-Probleme gliedert. (Eva Stanzl/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5./6. 6. 2004)