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Bild vom 90. Geburtstag der Kammerschauspielerin Lilly Stepanek.
Foto: APA/BIRGIT LEHNER
Wien - Kammerschauspielerin Lilly Stepanek ist am Montag, dem 24. Mai, im Alter von 91 Jahren nach schwerer Krankheit im Hilde Wagner Künstlerheim in Baden gestorben. Dies teilte das Burgtheater in einer Aussendung mit. Die gebürtige Wienerin war rund 50 Jahre Burgtheatermitglied und auch literarisch tätig.

Anfänge einer Karriere

Stepanek wurde am 18. Juli 1912 in Wien als Tochter eines Baumeisters geboren, der ein Geschäft in Stockerau betrieb. Während der letzten beiden Jahre vor der Matura am Stockerauer Gymnasium war sie bereits parallel an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien eingeschrieben. Ihr Bühnendebüt gab sie 1932 als Lessings Emilia Galotti in Brünn. Die nächsten Stationen waren Solothurn/Biel in der Schweiz, das Salzburger und das Linzer Landestheater. Von dort holte sie Werner Krauss 1936 ans Burgtheater, wo sie bis 1987 über 100 Rollen verkörperte.

Neben großen Charakterrollen in Klassikern, aber auch in modernen Stücken, etwa der "Big Mama" in Tennessee Williams' "Die Katze auf dem heißen Blechdach", spielte sie gerne österreichische Autoren wie Raimund, Molnar, Schnitzler und Hofmannsthal, am liebsten komische Rollen wie Wirtinnen und Hausmeisterinnen bei Nestroy. Unter den Regisseuren zählten Adolf Dresen, Berthold Viertel und Leopold Lindtberg zu ihren Favoriten.

Literatin in der NS-Zeit

Zwischen 1938 und 1945 hatte die Schauspielerin als Tochter einer jüdischen Mutter Auftrittsverbot. In dieser Zeit konzentrierte sie sich vermehrt aufs Schreiben. Sie verfasste eine Reihe von Lustspielen, "Die geliebten Frauen" wurden - unter dem Namen ihres Mannes, des Schauspielers und Regisseurs Heribert Just - in Bremen aufgeführt. 1947 erschien unter dem Titel "Malina", mit dem die literarische Welt heute den einzigen vollendeten Roman von Ingeborg Bachmann verbindet, eine humorvolle Erzählung aus dem Theatermilieu. Schon vorher hatte die überzeugte Sozialdemokratin außerdem Beiträge für die "Arbeiterzeitung" geschrieben. Ihr letztes literarisches Werk, "Suleika" (1960), widmete Stepanek der Beziehung von Goethe zu Marianne von Willemer, über die sie intensive Recherchen betrieben hatte.

Ausflüge zum Film

Jahrelang war Stepanek ab 1957 parallel zum Burgtheater auch fest an der Volksoper engagiert. Kleinere Ausflüge unternahm sie außerdem zum Film, etwa in der Karl Heinrich Waggerl-Verfilmung "Der Wallnerbub" (1950) oder als Gattin von Johann Strauß Vater in "Wiener Walzer" (1951). 1987, ein Jahr nach dem Amtsantritt von Claus Peymann als Burgtheaterdirektor, verabschiedete sie sich vom Haus am Ring.

Vor zwei Jahren schließlich bezog Stepanek, die mit dem Großen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet wurde, ihren Alterssitz im Hilde Wagener Künstlerheim in Baden. Mit Lilly Stepanek ist nicht zuletzt das letzte noch lebende Gründungsmitglied dieses 1949 gegründeten Wohltätigkeits-Vereins gestorben, der das 1964 eröffnete Heim für betagte Künstler ins Leben gerufen hat. (APA)