Magnet: "On your side" (Warner Music 2004)

Coverfoto: Ultimate Dilemma/Warner
You & I, we're off to see the world
We'll put on our best clothes
Bring only what we need
Douse the walls with kerosene
Drop a match from the mezzanine
Get into the car, we'll watch it from a-far ...

40 Sekunden lang bleibt es offen, in welche Richtung "On your side" gehen wird - 40 Sekunden, in denen Stimme und Akustikgitarre alles in der Schwebe lassen. Ab dann lässt sich Even Johansen alias "Magnet" in orchestrale Arrangements zurück fallen, taucht in eine Welt von Geigen und Cellos (wie Zuckerwatte arrangiert von Sean O'Hagan und Marcus Holdaway - bekannt von Stereolab und den High Llamas), Hörnern, Slidegitarren, Keyboards und Thereminen ein.

"Scando-Pop" wurde Johansens Musik als Label verpasst, was als Vorgangsweise bedeutet: Nehmen wir eine Gitarre als Ausgangsbasis und bauen wir um sie herum harmonische Arrangements auf - mal nur als kleine Perlenbestickung, mal in voller symphonischer Wucht. Halten wir eine melancholische Grundstimmung, aber lassen wir sie möglichst luftig klingen. Und wenn es mal wirklich zu traurig wird, kann ein catchy Refrain immer noch alles rausreißen.

It's the last day of summer, and it will hurt you more than most: Das ist keine Großstadtmusik, das will unter den Himmel. Und den kennt jemand, der aus dem norwegischen Bergen stammt und jetzt mit seiner kleinen Familie in Schottland lebt, naturgemäß wolkenverhangen. "On your side" bewegt sich wie im Tagtraum durch herbstliche Landschaften - wenn es sein muss, sogar mal in erhöhtem Tempo (immerhin: it's a million miles to go where happiness lives), meistens aber nicht schneller als oben die Wolken.

Die kinematographische Wirkung der Songs (textlich bewegen sie sich eigentlich ganz bodenständig - Please could you tell me why the hell you are so sad - auf der Beziehungsebene) ergibt sich ganz aus den sphärischen Arrangements. Das ist der erste Grund für Vergleiche mit Radiohead (oder Mercury Rev); Johansens Kopfstimmengesang der zweite.

Ein paar Mal verwischen sich die Grenzen zwischen dem Schlagzeug-Takt eines Songs und den Beats eines Tracks. "The day we left town", das auch schon mal mit Björks "Hyper-ballad" verglichen wurde, schwillt ohne jede Scheu vor Bombast zu einem Kreszendo an, in dem Theremin und Chöre um die Wette heulen; eben noch Blues gewesen, schon ist es Schneewittchen. Daneben wirkt die Coverversion von Bob Dylans "Lay lady lay", die Johansen im Duett mit Gemma Hayes zwar im gleichen ruhig dahin fließenden Takt wie das Original aber unter vollem Einsatz eines Film-Orchesters singt, fast schon reduziert.

In den 90ern bestaunte die Welt das schwedische Pop-Wunder, die 2000er scheinen dem reichen westlichen Nachbarn zu gehören: Nach den Kings of Convenience, Röyksopp oder Kaizers Orchestra ein weiterer Name zum Merken. Der "Scando-Pop" lebt. (Josefson)