Schon Ende des 19. Jahrhunderts machte der schwedische Wissenschafter Svante Arrhenius (Nobelpreis für Chemie 1903) darauf aufmerksam, dass die beim Verbrennen von Kohle entstehenden CO-Emissionen zu einer Erwärmung des Planeten führen würden. Erst knapp ein Jahrhundert später nahm man Klimagefahren ernst, der Rest bis zum Kioto-Protokoll 1997 war eine zähe Verhandlerei, in der speziell die der Wirtschaft verpflichteten Regierungen der Industrieländer mit ihren Forderungen bremsten. Dieses Problem sollte mit dem im Vertrag von Kioto festgelegten Emissionshandel halbwegs beseitigt werden. Aber wie es scheint, hat die Feilscherei um Emissionszertifikate und erlaubten Schadstoffausstoß den Urzweck des Abkommens - die Verhinderung eines Zusammenbruchs des Klimas - weit gehend zurückgedrängt.

Vergleich mit Auschwitz

Die USA, verantwortlich für ein Drittel aller Schadstoffe weltweit, wollen überhaupt nicht mehr ratifizieren, und in Russland leistete sich Andrej Illarionow, Wirtschaftsberater von Präsident Wladimir Putin, erst vor kurzem die Entgleisung, das Kioto-Protokoll mit Auschwitz zu vergleichen: Dort habe man täglich seine Ration bekommen, aber Russlands Wirtschaft würde durch das Klimaabkommen ausgehungert. Nun haben auch noch russische Wissenschafter verkündet, letztlich würde eine Klimaerwärmung "dem kältesten Land der Welt" nützen, und das Kioto-Protokoll sei gar nicht wissenschaftlich belegbar.

Das sagen Mitglieder der (bisher) angesehenen russischen Akademie der Wissenschaften. Ist es ihnen ernst damit, muss man über diesen guten Ruf der Akademie nachdenken. Sagen sie es aus Kalkül, ist es ein trauriges Zeichen dafür, dass Klimaschutz immer mehr zum Spielball undurchsichtiger Interessen wird und damit undurchsetzbar. (Klaus-Peter Schmidt, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.05.2004)