Christoph Leitl: "Nur mit der Gesetzeskeule wird man nichts erreichen."
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Am Dienstag soll das Elternteilzeitgesetz im Familienausschuss beschlossen werden. Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl erklärt im Gespräch mit Barbara Tóth, warum er es schon jetzt für totes Recht hält.

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STANDARD: Die Regierung nennt die Elternteilzeit einen "familienpolitischen Meilenstein" – zu Recht?

Leitl: Wir wollen noch einiges einbringen. Nur wenn die Betriebe keine Nachteile haben, wird es gelingen, die ureigentliche Idee zu verwirklichen.

STANDARD: Die Elternteilzeit soll nur in Betrieben mit mehr als 20 MitarbeiterInnen gelten. Sie wollen aber, dass jede Filiale eines Unternehmens als eigene Betriebseinheit zählt. Das führt das Gesetz doch ad absurdum.

Leitl: Das wird einer der Knackpunkte sein. Da sind wir nicht flexibel. Wenn man will, dass die Betriebe mitziehen, braucht man positive Motivation. Nur mit der Gesetzeskeule wird man nichts erreichen. Dann werden wir mit diesem Gesetz zwar leben können, aber das eigentliche Ziel wird auf der Strecke bleiben.

STANDARD: Im Klartext: Das Gesetz wird totes Recht sein.

Leitl: Wir werden es respektieren, aber die innere Motivation ist weg. Dann ist von Anfang an die Luft draußen.

STANDARD: Der ÖAAB macht die Wirtschaftslastigkeit der ÖVP für ihre Niederlage bei den AK- Wahlen verantwortlich. Ist die ÖVP zu wirtschaftsfreundlich?

Leitl: Das ist vorgestrig. Gerade vernünftige Leute – und deren gibt es im ÖAAB sehr viele – wissen, dass Betriebe, Arbeitsplätze und soziale Sicherheit engstens zusammenhängen. Wer das nicht sieht, dem ist nicht mehr zu helfen.

STANDARD: Somit ist ÖAAB-Generalsekretär Werner Amon nicht mehr zu helfen, der genau das kritisiert hat?

Leitl: Der Werner Amon ist ein junger Mensch, und er wird sicher die Zusammenhänge, um die es geht, in nächster Zeit besser beurteilen können.

STANDARD: Zurück zur Elternteilzeit: Was antworten Sie Kritikern, die sagen, zwei Drittel der Mütter sind davon ausgeschlossen?

Leitl: Wenn man die Betriebe wirklich motiviert, ist niemand ausgeschlossen, und wir werden alle mithelfen.

STANDARD: Wie kann diese positive Motivation aussehen?

Leitl: Keine 20-Personen- Grenze, sondern ein freiwilliges Anreizsystem mit vernünftigen Rahmenbedingungen, sprich Kinderbetreuung.

STANDARD: Niemand hindert die Unternehmen daran, mehr in Betriebskindergärten zu investieren.

Leitl: Ich war schon bei der Erhöhung des Kindergelds dafür, dass ein Teil in die Kinderbetreuung fließt. Das wurde von der FPÖ abgelehnt.

STANDARD: Also weniger Kindergeld, mehr Geld für Betreuungseinrichtungen?

Leitl: Das Kindergeld ist ein Instrument, aus meiner Sicht aber nicht das wichtigste. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.5.2004)