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Der große Preiskampf wird darum geführt, sich gegenseitig Kunden abzuwerben

Foto: dpa/Jensen
Wien - Meist sind Firmen in Bedrängnis oder fast pleite, wenn sie ein Fünftel ihrer Belegschaft kündigen - oder sie wollen sich für einen Verkauf attraktiv machen. Bei One, die am Mittwoch überraschend den Abbau von 225 Vollzeitstellen bekannt gab, scheint es weder das eine noch das andere zu sein. Vielmehr sei es die Entschlossenheit, sich vom ausgebrochenen Preiswettkampf nicht verdrängen zu lassen, begründet One-Chef Jörgen Bang-Jensen den radikalen Schnitt Donnerstag in einem Pressegespräch.

"Es gibt Überkapazitäten im Markt", sagt Bang-Jensen, "in Wien gibt es derzeit schon neun Mobilfunknetze", vier in herkömmlicher GSM-Technologie, fünf der neuen UMTS-Generation, die aufgrund der Lizenzbedingungen eröffnet werden mussten, obwohl kaum Endgeräte und keine Nachfrage nach der neuen Generation besteht.

"Wir spielen mit"

Einige Monate habe One darum abgewartet, ob die Null- und Ein-Cent-Locktarife, die zuerst vom kleinsten Betreiber Telering auf den Markt gebracht wurden, wieder verschwinden. "Wir haben ein vernünftiges Preisniveau erwartet, aber das ist nicht passiert", bedauert Bang-Jensen - also bietet One nunmehr im Verbund mit Minutenpaketen gleichfalls Tarife ab null Cent an. "Es ist klar, dass das keine Gewinnspanne bringt, aber wir spielen mit."

Und das sei noch nicht das Ende des ruinösen Wettbewerbs. "Wir haben noch nicht die niedrigsten Preise gesehen. Deshalb setzen wir diesen Schritt, um unser Überleben in den nächsten Jahren zu sichern." Maßnahme, um sich für einen Verkauf herzurichten, sei dies keine; One sei weiterhin über Plan profitabel und 2004 sei gut angelaufen. Die Wahrscheinlichkeit, durch die jetzigen Maßnahmen den Preiskrieg durchzuhalten, sei groß. Die Kosten eines Härtefonds sollen durch Gehaltsverzicht des Vorstands (15 Prozent) und des oberen Managements (acht Prozent) getragen werden. Die Einsparung, die erst 2005 wirksam werde, soll "zwischen zehn und 20 Mio. Euro" liegen. "Dieses Geld wird in unser Marketing transferiert."

Harter Wettkampf in einem gesättigten Markt

Die Personalreduktion bei One spiegelt den harten Wettkampf in einem gesättigten Markt, der inzwischen fast ausschließlich über den Preis ausgetragen wird. Das Grundproblem der heimischen wie aller europäischer Betreiber: Mobilfunk ist dabei, sich von einem Markt in dem Funkfrequenzen Mangelware waren - erst vor wenigen Jahren wurden abenteuerlicher UMTS-Lizenzgebühren abgelegt - zu einem Markt mit einem starken Überangebot zu entwickeln. Neue Techniken für die vorhandenen Netze sowie UMTS, das mit Frequenzen sparsamer umgeht, werden in den nächsten Jahren dazu führen, dass die Kapazität um rund 250 Prozent wächst, prognostiziert William Webb von der PA Consulting Group in London.

Gleichzeitig sind die Märkte bei "Voice"-Telefonieren weitgehend gesättigt, während die große Hoffnung auf wachsenden Datenverkehr als Geschäftsbringer bisher enttäuscht wurde. In UMTS habe man bisher 200 Mio. Euro investiert "bei null Umsatz", konstatiert der One-Chef ernüchtert.

Gegenseitig Kunden abwerben

Also wird der große Preiskampf darum geführt, sich gegenseitig Kunden abzuwerben. Dem kleinsten Anbieter, Telering ("Weg mit dem Speck"), wird der schwarze Peter zugeschoben, durch Regulierungsbegünstigungen auf Kosten der anderen mit Schleudertarifen agieren zu können. "Das ist das Ergebnis jahrelang verfehlter Regulierungspolitik. Man hat die Kleinen so geschützt, dass man seriös kein Geld verdienen kann", klagt T-Mobile-Sprecherin Manuela Bruck. Jahrelanger Streitpunkt: Die "Interconnection-Fees", die Gebühren für die Verbindungen in andere Netze. Dabei zahlt Telering den anderen weniger, als sie selbst bekommen, eine "asymmetrische Regulierung", die Neuankömmlinge begünstigen soll. Telering kontert, dass die Gebühren inzwischen nicht mehr vom Regulator, sondern in bilateralen Verträgen bis 2005 festgelegt seien. Unter der Hand gibt es auch noch einen zweiten Kritikpunkt an Telering: Diese habe ihr Netz von Mannesmann zu einem symbolischen Preis übernommen und müsse keine eigenen Investitionen in ihren Preisen abbilden.

Auf der Personalbremse stehen jedenfalls auch die anderen Betreiber, die ihre Mitarbeiterfluktuation in den letzten Jahren zu einem kontinuierlichen Abbau ohne große Schnitte genutzt haben - bei T-Mobile etwa arbeiten derzeit rund 1860 Mitarbeiter, vor einiger Zeit waren es noch 2000. (Helmut Spudich, Der Standard, Printausgabe, 14.05.2004)