Sich mit dem Thema Weihnachten jetzt im Frühling auseinander zu setzen, mag so manchem abstrus erscheinen. Für Hans Förster ist das normal. Er beschäftigt sich fast täglich damit, und das seit vielen Jahren. Spricht er von Weihnachten, Epiphanie (Dreikönigsfest am 6. Jänner) und der Entstehungsgeschichte dieser christlichen Feste, geht mit dem Wissenschafter das Temperament durch. Da sprudelt es aus ihm heraus, da erfährt man von neuen Erkenntnissen und Entwicklungen, die Aufmerksamkeit erregen.

So wurde sein Forschungsprojekt über "Weihnachten und Epiphanie im vierten Jahrhundert im Spannungsfeld zwischen kirchlichem Leben und kaiserlicher Religionspolitik" Anfang des Jahres mit einem Habilitationsstipendium der Österreichischen Akademie der Wissenschaften belohnt. Weihnachten und Epiphanie haben in ihren Anfängen einen identischen Festinhalt, sie sind um die Mitte des vierten Jahrhunderts entstanden, lautet seine These. Mit dem Einzug des römischen Herrschers Theodosius in Konstantinopel feierte man dort das neue Fest, wenige Jahre später auch in Antiochia. In beiden Fällen läutete die Einführung des Festes das Ende eines diözesanen Schismas ein; Kircheneinheit, liturgische Entwicklung und staatlicher Einfluss scheinen auf das Engste miteinander verbunden. Dies will der freie Wissenschafter mit seiner Forschung anhand der Papyri in der Österreichischen Nationalbibliothek nachweisen.

Völlig neuartiges Wörterbuch

Vor seinem Habilitationsprojekt hat er ein völlig neuartiges Wörterbuch erarbeitet: Er hat darin ein Verzeichnis der griechischen Wörter in koptischen Dokumenten erstellt. Das Koptische war die Sprache der Pharaonen, die mit Termini der griechischen Amtssprache angereichert wurde. Das, was man heute als Schriftsprache bezeichnet, existierte damals nicht. So wie ein Schreiber sprach, schrieb er Verträge oder Testamente nieder. Diese "Sprache" heute zu lernen, ist schwer möglich. Förster hat sie sich hauptsächlich im Selbststudium beigebracht.

Auszeichnungen

2002 erhielt der gebürtige Frankfurter, Jahrgang 1969, den deutschen "Alexander-Böhlig-Preis für christliche Orientwissenschaft" und im Jahr darauf den Förderpreis der Stadt Wien. Seine wissenschaftliche Karriere begann mit dem Theologiestudium in Wien, Salzburg und Washington. Kurz vor seiner Promotion an der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Wien hat er seine Frau Jutta geheiratet, sie ist Leiterin des Österreichischen Katholischen Bibelwerks.

Theologie- und kulturgeschichtlich interessante Themen macht der Kirchenhistoriker auch gern einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Er publiziert regelmäßig in österreichischen Tages-und Wochenzeitungen. "Es macht mir irrsinnigen Spaß", sagt er zu der Vorgabe, in der Zeitung auf Zeichen genau schreiben zu müssen. "Ich muss es schaffen, das, was ich sagen will, auf diesem Platz zu sagen." Schließlich wolle er "nicht Wissenschaft zum Abgewöhnen machen", sondern so, dass das Publikum Interesse an seiner Arbeit findet. (DER STANDARD, Print, 30.4./1.5./2.5.2004)