Wien - Ein Kapitän, der seit acht Jahren auf Donau-Passagierschiffen im Einsatz ist, wurde am Mittwoch im Wiener Landesgericht wegen fahrlässiger Tötung rechtskräftig zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt.

Ein Berufungssenat (Vorsitz: Ortwin Kahler) bestätigte damit in vollem Umfang das Urteil des Bezirksgerichts Döbling und wies die von Verteidiger Heinrich Vana vorgebrachten Rechtsmittel als unbegründet zurück. Das Gericht erachtete es als erwiesen an, dass den Kapitän die Hauptschuld am Tod eines knapp 20-jährigen Matrosen trifft.

Leine war noch nicht losgemacht

Das Unglück ereignete sich am 28. September 2001 knapp nach Mitternacht an der Anlegestelle Nussdorf in Wien-Döbling. Die "Amadeus 2", die Richtung Schwarzes Meer unterwegs war, wollte während eines Landgangs der Passagiere ein Ablegemanöver durchführen. Dabei wurde übersehen, dass die vordere Leine noch nicht losgemacht war, als der Kapitän das Schiff in Bewegung setzte.

Nach einer Strecke von 60 bis 100 Meter war das Seil bis zur Reißkraft belastet. An der Umlenkrolle brachen zwei Schrauben, das Drahtseil schlug mit großer Wucht nach hinten aus und traf den jungen Matrosen, der erst wenige Wochen zuvor angeheuert hatte, am Kopf. Der Ungar, der sich am folgenden Wochenende verloben hätte wollen, erlag seinen schweren Schädelverletzungen.

Nach Ansicht des Gerichts waren dem Kapitän mehrere Fehler unterlaufen. So hätte er das Ablegedock ausleuchten müssen, zumal ein Scheinwerfer vorhanden war. Dann wäre ihm mit Sicherheit aufgefallen, dass noch nicht alle Seile gelöst waren, befand der Senat. Außerdem habe sich der Mann nicht an die Kommandosprache gehalten und dem 20-Jährigen nur zugerufen: "Ist alles klar?", was jener laut anderen Besatzungsmitgliedern mit einem knappen "Ja" beantwortete.

Konstruktionsfehler

"Das ist kein Kommando, das ihn zum Ablegen berechtigt", stellte der Vorsitzende fest. Er verwies auf das Gutachten eines nautischen Sachverständigen, demzufolge der Kapitän sich eines Befehlstons bedienen hätte müssen, um die Dringlichkeit seines Anliegens deutlich zu machen.

"Den Kapitän eines Passagierschiffes trifft eine ganz besonders hohe Sorgfaltspflicht", hieß es in der Urteilsbegründung. Dieser war bei der Verhandlung übrigens nicht persönlich anwesend. "Er ist auf der Donau unterwegs", wusste sein Anwalt.

Jener sah in einem Konstruktionsfehler die eigentliche Ursache für den tödlichen Unfall. Die so genannte Sollbruchstelle hätte sich nie und nimmer an der Lenkrolle befunden. "Dass es da bricht, ist ähnlich wahrscheinlich wie ein Satellit, der im Gericht einschlägt", meinte Verteidiger Vana nach der Verhandlung. (APA)