Zum Auftakt der OSZE-Antisemitismuskonferenz in Berlin gab es Streit, ob in der für heute, Donnerstag, geplanten Abschlusserklärung anti-israelische Kritik als neue Form des Antisemitismus eingestuft werden soll. Vor allem von Russland gab es dagegen Widerstand.

Die Leiterin der in Wien ansässigen EU-Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Beate Winkler, stellte vor ausländischen Journalisten in Berlin klar: "Kritik gegenüber der israelischen Regierung ist nicht per se antisemitisch, kann es aber sein."

Auch der deutsche Bundespräsident Johannes Rau ging in der Eröffnungsrede vor rund 500 Teilnehmern aus 55 Staaten darauf ein. Hinter mancher Kritik an der Politik der israelischen Regierung stecke "massiver Antisemitismus". Niemand habe aber das Recht, Kritik an der israelischen Regierung generell als antisemitisch zu diskreditieren und unter Generalverdacht zu stellen.

Der Ehrenpräsident der Israelischen Cultusgemeinde Zürich, Sigi Feigel, gab Israel dagegen Mitschuld am neuen Antisemitismus in Europa. Die Juden seien Geiseln der israelischen Politik und würden immer wieder dafür verantwortlich gemacht, so Feigel.

Ein Thema bei der Konferenz, an der auch Israels Präsident Moshe Katzav und US-Außenminister Colin Powell teilnehmen, war die von mehreren Teilnehmern geäußerte Furcht, dass im Zuge der EU-Erweiterung auch der Antisemitismus wieder zunehmen könnte. Die Konferenz fand im Auswärtigen Amt unter massiven Sicherheitsvorkehrungen statt. Rund 15.000 Polizisten sind im Einsatz. (DER STANDARD, Printausgabe, 29. 04. 2004)