Eklat im Mannesmann-Prozess: Die Verteidiger von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann haben der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, im spektakulärsten Wirtschaftsprozess Deutschlands gegen die Grundregeln eines fairen Verfahrens verstoßen zu haben. Mit falschen Anschuldigungen und verleumderischen Beweisanträgen lege es die Staatsanwaltschaft bewusst darauf an, das Ansehen des mächtigsten deutschen Bankiers zu beschädigen.

Dienstaufsichtsbeschwerde

Die Verteidiger legten deshalb beim Düsseldorfer Justizminister, Wolfgang Gerhards, Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Staatsanwälte Johannes Puls, Lothar Schroeter und Dirk Negenborn ein. "Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft steht in krassem Gegenteil zu den Grundregeln eines fairen Verfahrens", heißt es in der Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft stelle Behauptungen auf, die nachweislich unwahr seien und verdrehe bewusst die Tatsachen. Sie habe sich damit "absolut unangemessen und rechtswidrig verhalten".

Konkret geht es um den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, Ackermann habe die Mannesmann-Aktionäre auf der Hauptversammlung im Juni 2000 falsch über die Finanzierung der Millionenprämien für Konzernchef Klaus Esser, Ex-Aufsichtsratschef Joachim Funk und andere leitende Mitarbeiter informiert. Er habe damals den Aktionären wahrheitswidrig gesagt, Vodafone verzichte zur Finanzierung der Prämien auf die dem Unternehmen zustehende Dividende.

Üble Nachrede

Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft stellten nicht nur eine üble Nachrede dar, Ackermann werde auch wahrheitswidrig einer Straftat bezichtigt. Denn die Behauptungen der Staatsanwaltschaft würden schon durch die vorliegenden Unterlagen widerlegt, kritisierten die Ackermann-Anwälte. Die Staatsanwälte beschädigten damit Ackermann "nicht nur persönlich und als Sprecher des Vorstands der größten deutschen Bank, sondern auch und nicht zuletzt das Ansehen dieser Bank selbst", heißt es in der Dienstaufsichtsbeschwerde.

Hier müsse der Justizminister eingreifen: "Wir fordern Sie auf, dafür zu sorgen, dass die Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft sich an Recht und Gesetz halten."

Staatsanwalt Johannes Puls wies die Vorwürfe in einer ersten Stellungnahme als "Polemik" zurück. Sein Kollege Negenborn sprach von einem "Pamphlet". Es sei erstaunlich, dass der Staatsanwaltschaft im Gerichtssaal Rechtsbeugung vorgeworfen werde.

Kein schnelles Ende

Hoffnungen auf ein schnelles Ende im Mannesmann-Verfahren schienen damit am Mittwoch zunächst deutlich gedämpft. Zumal Esser-Verteidiger Sven Thomas und die Staatsanwaltschaft weitere umfangreiche Beweisanträge stellten oder zumindest ankündigten.

Das Gericht stellt sich inzwischen offenbar darauf ein, dass das Verfahren auch noch bis zum Herbst dauern könnte. Die Vorsitzende Richterin Brigitte Koppenhöfer kündigte jedenfalls an, dass das Gericht plane, die 30-tägige Sommerpause in der letzten Augustwoche beginnen zu lassen, falls der Prozess so viel Zeit in Anspruch nehme.

Ackermann, Esser und Funk müssen sich zusammen mit Ex-IG-Metall-Chef Klaus Zwickel sowie zwei weiteren Managern wegen des Vorwurfs der "gemeinschaftlichen Untreue in einem besonders schweren Fall" beziehungsweise Beihilfe dazu verantworten. Sie sollen laut Anklage die Übernahme von Mannesmann durch den Mobilfunkriesen Vodafone Anfang 2000 genutzt haben, um Managern und Ex-Vorständen des Unternehmens ungerechtfertigte Abfindungen in Höhe von fast 60 Mio. Euro zuzuschieben.(APA/AP)