Das 20. Jahrhundert begann und endete mit einem Hype. Hunderte Unternehmen, die über Nacht gegründet wurden und florierten, ehe sie ebenso schnell wieder crashten: Am Anfang des 20. Jahrhunderts war es die Autoindustrie, an seinem Ende die Dotcom-Industrie.

Dass die Autoindustrie zum Motor von Industriegesellschaften wurde, ist offenkundig. Zweifelhafter war dies lange bei den Unternehmen, die sich rund um die Autobahnen der Informationsgesellschaft entwickelten und von denen viele - wahrscheinlich sogar die meisten - in der spekulativen Blase untergingen.

Jetzt leitet der bevorstehende Börsengang von Google deren Renaissance ein. Obwohl viele hoffnungsvolle Start-ups rasch wieder das Zeitliche segneten, ist Internet in weniger als einem Jahrzehnt so selbstverständlich geworden wie das Automobil, ist unser digitaler Alltag längst vergoogelt (im Englischen ist aus dem Firmennamen bereits ein Zeitwort geworden). Yahoo, Ebay und Amazon haben sich zu großen, profitablen Unternehmen entwickelt, in deren Umfeld eine Art Dotcom-Ökosystem gedeiht.

Die von Google angeführte zweite Welle des Dotcom-Zeitalters hat aus den Erfahrungen des Crashs ihrer Vorgänger gelernt: Hier geht nicht eine Idee auf der Suche nach Nutzen auf Geldfang.

Sondern ein Unternehmen, das Nutzen und Profitabilität bewiesen hat, holt sich Geld für weiteres Wachstum von Anlegern, die aus kostspieligen Pleiten wie YLine oder Libro (und ihren US-Gegenstücken) gelernt haben. Risiken werden bleiben, was in der Natur unternehmerischer Tätigkeit liegt.

Aber mit Dotcom 2 tritt Normalität an die Stelle von "kreativer Bilanzierung": Wie alle anderen Unternehmen müssen auch Dotcoms erst ihren Wert beweisen, ehe man ihnen Geld anvertraut. (DER STANDARD Printausgabe, 27.04.2004)