Die mitgereisten Fans erlebten Historisches.

Prag - 4:43 Minuten fehlten der österreichischen Eishockey-Nationalmannschaft am Sonntag zur größten Sensation der Länderspiel-Geschichte, doch Kanadas Stürmerstar Dany Heatley bewahrte den regierenden Weltmeister mit seinem Treffer zum 2:2-Endstand vor einer Niederlage bei der WM in Tschechien. Das sensationell spielende ÖEHV-Team, das bis zur 51. Minute 2:0 geführt hatte, sicherte sich damit zwar schon vor dem abschließenden Spiel am Dienstag (16:15) gegen die Schweiz einen Platz in der Zwischenrunde, trauerte aber auch ein wenig der vergebenen Jahrhundert-Chance nach.

"Das Herz muss sagen super, der Kopf sagt, so nah kommen wir vielleicht erst in 50 Jahren", beschrieb Teamchef Herbert Pöck unmittelbar nach Spielschluss seine Gefühle, nachdem die jüngste Mannschaft des Turniers aus dem Land mit 8.799 Vereins-Spielern den nur mit NHL-Spielern angereisten Top-Favoriten aus Kanada (574.125 Spieler) an den Rand einer Niederlage gebracht hatte.

Den offenen Mund gibt's nicht mehr

Und das nicht mit Glück, sondern mit sehenswerten Spielzügen, viel Selbstvertrauen, taktischer Disziplin trotz oft fehlender Routine auf diesem Niveau und einer kräftigen Portion Frechheit. "Diese Mannschaft hat diesen Respekt nicht mehr wie meine Generation. Wir sind noch mit offenem Mund vor den Kanadiern gestanden", so Pöck. Die heutigen Youngsters von Vanek über Welser bis Harand dagegen packen gegen Stanley Cup-Sieger wie Scott Niedermayer ihre Tricks und auch die Fäuste aus.

Das hat den Kanadiern nicht behagt. "Sie wollen immer jedes Spiel gewinnen, aber wir haben sie frustriert. Wir haben leider im Mitteldrittel zu viele Strafen bekommen, das hat Kraft gekostet und war entscheidend", erklärte Thomas Vanek. Der Flügel ist trotz seiner 20 Jahre schon so etwas wie ein Vorbild. Vanek hat sich in Amerika bereits einen Namen gemacht, wurde von den Buffalo Sabres gedraftet und steht vor dem Wechsel ins Profi-Lager. "Österreich macht sich im Eishockey immer mehr einen Namen. Bei der WM sind viele Scouts da und sie sehen, dass wir gute junge Spieler haben", meint der Grazer, dass sich in Prag wie seine Kollegen international ins Rampenlicht spielen kann.

Motivierte Spieler

Vaneks Weg oder auch jener von Divis, Brandner oder Pöck jun. "spornt an", sagt Daniel Welser. "Das gibt einem Selbstvertrauen, gerade bei solchen Spielen. Man sieht, wenn man heraussticht, hat man die Chance, international etwas zu erreichen", erklärt Welser, der wie viele andere 19- bis 23-Jährige vom Liga-Crash profitierte, aus dem mehr Vereine mit weniger Legionären hervorgegangen sind.

Diese Talente bilden nun schon weit mehr als die Hälfte des Teams, mit Martin Ulrich gibt es nur noch einen einzigen Feldspieler über 30 Jahre. Der Rekord-Internationale hält bei 182 Ländermatches und spielt seit 15 Jahren im Team. "Seitdem ich dabei bin, haben wir noch nie so mitspielen können gegen Mannschaften mit so genannten Stars. Wir hatten aber auch noch nie so viel Spaß. Das sieht man auf dem Eis. Jeder will, jeder fightet für den anderen. Wir haben nie zurück gesteckt", begründet der 34-Jährige den Erfolg.

Lob in Medien

In den tschechischen Medien wurde die Leistung der Österreicher entsprechend honoriert. "Bis vergangene Nacht haben viele Kanadier nicht gewusst, dass in Österreich Eishockey gespielt wird. Mozart oder Walzer in der Wiener Oper. Das war's. Aber niemand glaubte, dass das österreichische Team das Mutterland des Eishockey fordern wird. Eher würde Wayne Gretzky alle Arien von Mozarts Don Giovanni fehlerfrei singen. Aber die Kanadier haben einen großen Fehler gemacht. Nachdem Kanada erst fünf Minuten vor Schluss ausgeglichen hatte, feierten die Spieler, als ob sie gerade das Olympia-Finale gewonnen hätten", schrieb "Mlada Fronta Dnes".

Doch die Österreicher sind noch nicht dort, wo sie hinwollen: Ins Viertelfinale. "Wir hatten nach dem Spiel noch ein Meeting und haben gesagt, das Spiel war nett, und dann abgehakt. Das war nur ein Spiel auf dem Weg, wir können Platz acht schaffen. Dafür müssen wir einen Punkt gegen die Schweiz machen", so Teamchef Pöck. "Aber wenn du gegen die Schweiz ein Blackout von fünf Minuten hast, ist die Partie weg. Bekommen wir unser aggressives Defensiv-Spiel wieder über 60 Minuten hin, ist was drin".(APA)