Wien - Für Grünen-Chef Alexander Van der Bellen sind ÖVP und
FPÖ bei den Bundespräsidentenwahlen "schlechte Verlierer". Die
Volkspartei "verkraftet die Niederlage ihrer Kandidatin Benita
Ferrero-Waldner gegen den künftigen Bundespräsidenten Heinz Fischer
nicht und versucht, mit einem peinlichen Pseudojubel kritische Fragen
zu ersticken". Die Freiheitlichen wiederum, die praktisch eine klare
Wahlempfehlung für Ferrero-Waldner ausgesprochen hätten, seien nun
offenbar durch ihre Niederlage so beleidigt, dass sie gleich das Amt
des Bundespräsidenten abschaffen wollten, kritisiert Van der Bellen.
Der Bundessprecher der Grünen zeigte sich erstaunt über die
jüngsten Aussagen von Vizekanzler Hubert Gorbach (F), der nun die
Volkswahl des Bundespräsidenten in Frage stellt. Laut Gorbach sollte
ähnlich dem Schweizer Vorbild ein Minister für eine bestimmte Zeit
die Funktion des Bundespräsidenten übernehmen. Van der Bellen meinte
dazu, ein Vizekanzler "sollte sich nicht zu solchen wehleidigen
Äußerungen einen Tag nach der Wahl hinreißen lassen", vor allem wenn
man bedenke, wie heftig FPÖ-Spitzenfunktionäre für Ferrero-Waldner
als Bundespräsidentin eingetreten seien.
Und was die ÖVP betrifft, so gelte es "nüchtern festzustellen,
dass die Kandidatin von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) die Wahl
verloren hat". Und zwar, wie Van der Bellen sarkastisch anfügte, mit
"kräftiger Unterstützung durch die FPÖ. Die FPÖ war es eigentlich,
die einen wesentlichen Beitrag zu dieser Wahlniederlage von
Ferrero-Waldner geleistet hat".
Jedenfalls dürfte es jetzt in der ÖVP zu einer massiven Debatte
über Schuld und Ursache der Wahlniederlage vor allem in den
Bundesländern Niederösterreich und Steiermark sowie dem sehr guten
Abschneiden von Fischer in Vorarlberg kommen. "Die drei
Landeshauptleute müssen ja auch begründen, warum in ihrem Land
Ferrero-Waldner entweder verloren oder nicht so gut wie erhofft
abgeschnitten hat. Die drei werden sich bemühen, den schwarzen Peter
innerhalb der ÖVP weiterzugeben." (APA)