SPÖ und ÖVP bezichtigen sich gegenseitig unsauberer Methoden, selbst angewendet will sie aber keiner haben. Ein kritischer Rückblick auf das Hofburg-Rennen.

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Wien - "Dirty tricks" im Wahlkampf? Über dieses Thema spricht in den beiden Parteizentralen nur ungern jemand. Dabei haben sowohl ÖVP wie SPÖ in ihren Präsidentschaftkampagnen den Grenzbereich der seriösen Wahlwerbung ausgereizt, vor allem im Internet. Kampfpostings auf gegnerischen Homepages, Beeinflussung von E-Votings, die so genannte "Feindbeobachtung" wie "fact finding missions", um ein Sündenregister des Mitbewerbers erstellen zu können - all das gab es im Wahlkampf. Aber nicht immer lässt es sich auf den politischen Gegner zurückführen.

Leicht fiel es etwa bei den mit "Aktion Res publica Austria" gezeichneten Inseraten, die Fischer strategisch lange Klopausen während heikler Parteisitzungen unterstellen. Dahinter steckt ein weiblicher CV-Ableger.

Die SP-nahe Initiative "Dynamo Wien" lässt etwa die Außenministerin in einer Computeranimation von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen hüpfen. Die ÖVP wiederum hatte kein Problem damit, dass Skandalautor Ernst Hofbauer ein Anti-Fischer-Buch auf den Markt brachte - pünktlich zum Wahlkampfstart.

VP-Wahlkampfmanager Florian Krenkel: "Sicher gab es gewisse Untergriffe, die ins Geschmacklose gehen. Aber damit begeistert man niemanden." Laut Krenkel wurden auch die "Benita"-Homepages mehrmals angehackt, aber die Sicherheitssysteme waren erfolgreich. Mit Hackern hatte SP-Online-Wahlkampfchef Stefan Bachleitner nicht zu kämpfen, sehr wohl aber mit klar ideologisch motivierten Postings auf "Heifi.net", Heinz Fischers Jugendseite.

Beide Parteien verzichteten diesmal auf E-Voting-Maschinen. Zu leicht lassen sich diese Internetabstimmungen manipulieren. Auch die Abstimmung über Verlierer und Gewinner nach der ORF-TV-Konfrontation auf der Standard.at wurde verfälscht. Binnen kurzem war das Ergebnis für Fischer in die Höhe geschnellt. "Ein klares Zeichen, dass jemand eine Voting-Maschine gebraucht hat", meint Internetspezialist Nikolaus Formanek. derStandard.at setzte die Umfrage neu auf. Der Verursacher blieb unerkannt.

Arge-Daten-Chef Hans Zeger nennt eine weitere, neue Form von unsauberer Kampagnenführung: "Spam-Mails", Wahlwerbung via E-Mail: "Da gab es massive Beschwerden."

Für besonders übel hält Psychologe Klaus Ottomeyer das Karikieren des Mitbewerbers: "Das Sich-lustig-Machen über den Gegner gefällt natürlich den Leuten. Da können sie alle möglichen sadistischen Gefühle befriedigen." Sein Tipp für die Opferseite: Tricks benennen und offen aussprechen. Genau das haben beide Parteien zumindest probiert. (Peter Mayr/Barbara Tóth/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.4.2004)